Eine Fährfrau für Oberbillig
Die Elektro-Solarfähre, die seit 2017 zwischen Oberbillig und dem luxemburgischen Wasserbillig fährt, ist bei Pendlern und Touristen gleichermaßen ein beliebtes Transportmittel, um die Mosel zu überqueren. Bis auf Neujahr fährt sie jeden Tag. Bei Hochbetrieb können es schon mal 150 Fahrzeuge am Tag werden.
Am Wochenende nutzen auch viele Rad- und Motorradfahrer die „Sankta Maria 2“. Es ist weltweit die erste vollelektrische Autofähre für Binnengewässer. Und als erste Frau sitzt seit vergangenem September Andrea Greif einmal die Woche am Steuer. Die 55-Jährige macht eine Ausbildung zur Fährfrau. Derzeit ist sie noch hauptberuflich als Gemeindearbeiterin in Wiltingen beschäftigt.
„Ein ganz toller Job, der mir auch viel Spaß macht“, erzählt die dreifache Mutter, die nach der Schule eine Ausbildung zur Bauzeichnerin im Garten- und Landschaftsbau absolvierte. Nach der Geburt ihrer Kinder wurde sie dann über Umwege Landschaftsgärtnerin. „Ich habe festgestellt, dass ich nicht dafür gemacht bin, drinnen zu arbeiten“, sagt Greif, die in ihrem Berufsleben auch schon am Steuer von LKW und Bagger saß. „Die Arbeit wurde mir irgendwann aber zu schwer. Unser Bürgermeister in Wiltingen fragte mich dann, ob ich nicht Gemeindearbeiterin werden will. Die Arbeit ist auch vielfältig und umfangreich. Aber auch dieser Job ist mir im Alter dann zu anstrengend geworden“, erzählt sie.
Durch Zufall Fährfrau
Zu dem Job auf der Fähre ist sie zufällig gekommen. „Ein Bekannter aus Oberbillig hat mich angesprochen und sinngemäß gemeint: Willst du nicht unser neuer Fährmann werden? Da dachte ich mir, probiere es. Bisher hat alles geklappt, was du angefangen hast.“
Oberbillig beschäftigt momentan zwei hauptamtliche Fährmänner, was zur Folge hat, dass die Fähre nur vormittags fährt. Die Gemeinde suchte Nachwuchs. Greif bewarb sich auf die offene Stelle. Mit Erfolg. Und in der Ausbildung läuft es gut. „Ich lerne jeden Tag etwas Neues“, erzählt sie. Man muss 180 Tage als Decksmann nachweisen, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Neben der Technik müssen zum Beispiel Schifffahrtszeichen oder Seemannsknoten gelernt werden. Die angehende Fährfrau muss mit der 28 Meter langen und 8,60 Meter breiten Fähre zudem auch Fahrten bei Dunkelheit, Nebel oder Hochwasser beherrschen.
Auf ihrer Schicht begleitet sie derzeit noch ein erfahrener Binnenschiffer. Sieben Kameras muss Andrea Greif im Auge behalten und besonders auf den durchgehenden Schiffsverkehr achten, damit andere Schiffe nicht behindert werden. Sitzt sie nicht selbst am Steuer, ist sie als Kassiererin an Deck unterwegs. Arbeitsbeginn ist je nach Wetterlage in der Regel um 6.15 Uhr. Um 6.30 Uhr fährt die Fähre das erste Mal mit Pendlern in Richtung Luxemburg. Die Schicht dauert bis 13.30 Uhr. Viele der Fahrgäste, die täglich zur Arbeit über die Grenze fahren, kennt Greif schon.
„Interessant ist es dann, wenn Leute aus ihrem Heimatort Wiltingen an Bord kommen. Manche sind ganz überrascht, mich zu sehen, andere wissen es schon, dass ich meinen Arbeitsplatz wechseln werde“, erzählt sie. Im nächsten Jahr wird sie, voraussichtlich an Ostern, ihr Patent erhalten und danach hauptberuflich als Fährfrau im Dienst der Gemeinde arbeiten.
Text: Matthias Willems
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