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Handwerk hat goldenen Boden!?

"Handwerk hat goldenen Boden" heißt es in einem Sprichwort. Ob das Zitat allerdings mit einem Ausrufe- oder einem Fragezeichen beendet wird, bleibt je nach Sichtweise offen. In der Mayener Hämmerzunft haben sich Handwerksbetriebe zusammengeschlossen, die seit vielen Jahren das Stein- und Burgfest als Präsentationsfläche nutzen. Eine mittlerweile liebgewordene Tradition, was sowohl die Handwerker als auch die Gäste des Festes betrifft. Aber der Alltag ist nicht wie das Wochenende nur von Sonnenschein geprägt, sondern es gibt neben meist sehr gut gefüllten Auftragsbüchern auch dunkle Wolken am Handwerkerhimmel.
Wohin führt der Weg des Handwerks? Beim Stein- und Burgfest haben sich Mayener Betriebe vorgestellt und für ihr Angebot geworben.

Wohin führt der Weg des Handwerks? Beim Stein- und Burgfest haben sich Mayener Betriebe vorgestellt und für ihr Angebot geworben.

Zunftmeister Erich Nöthen führt seit mehr als 20 Jahren einen eigenen Dachdeckerbetrieb. Der Mayener Jung hat eigentlich immer ein Lächeln im Gesicht, wenn es allerdings um den Nachwuchs im Handwerk geht, wird er nachdenklich. »Die Auftragslage ist bei vielen Betrieben sehr positiv, aber es fehlt an Nachwuchs. Zu meiner Zeit waren wir 35 Auszubildende in einer Berufsschulklasse, heute sind es noch 14. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Menschen denken, dass im Handwerk nur noch die Dummen arbeiten", wird der Dachdeckermeister deutlich. Dass die Qualifikation der jungen Menschen nicht für die Berufsausbildung ausreicht, will er nicht als Grund gelten lassen. Wer sich für den Beruf interessiert, der werde auch während der Ausbildung dazulernen. "Ich glaube in fünf oder zehn Jahren werden Handwerker unbezahlbar sein", überspitzt Nöthen die Entwicklung zwar, aber der Trend geht wohl in diese Richtung. "Wenn es weniger werden, wird es sicher auch teurer", bestätigt Andreas Adler vom gleichnamigen Sanitärbetrieb. Dabei ist er von der Zukunftsfähigkeit der Branche absolut überzeugt. In Zeiten vom Klimawandel und Energieeinsparverordnungen habe sein Handwerk weiter großes Potential. Wenn allerdings körperliche Arbeit zurückgehe und die intellektuellen Ansprüche steigen, sei das schon eine Hürde, dabei eröffne eine solide handwerkliche Ausbildung mit der Option der Meisterprüfung viele Möglichkeiten. "Unser Auszubildender ist übrigens durch ein Praktikum zu uns gestoßen", rechnet Adler diesem Einstieg noch gute Erfolgschancen ein. Das alleine reicht aber wohl nicht aus. "Viele wollen sich nicht mehr die Hände schmutzig machen, aber das Doppelte verdienen", sagt Jürgen Nett. Im Betrieb des Kfz-Meisters haben vier von sieben Mitarbeitern den Meisterbrief. "Früher hießen wir Mechaniker, heute Mechatroniker. Unser Job verlangt halt ein sehr komplexes technisches Verständnis", beschreibt Nett die gestiegenen Anforderungen, die beispielweise dazu geführt haben, dass die Zeit der Ausbildung von drei auf dreieinhalb Jahre verlängert wurde. Fliesenlegermeister Sascha Blümling ist ebenfalls mit seinem Team beim Stein- und Burgfest dabei. Die junge Mannschaft übertüncht die grundsätzlichen Nachwuchssorgen. "Mit dem Wegfall der Meisterpflicht haben sich viele selbstständig gemacht und der Arbeitsmarkt gibt nicht viel her", so Blümling. Das gilt auch für den Beruf des Goldschmieds. Die Zahl derer, die diesen Beruf ergreifen wird immer weniger. In Rheinland-Pfalz gibt es mittlerweile auch nur noch einen Berufsschulstandort und der ist in Idar-Oberstein. Auch hier hat der Wegfall der Meisterpflicht aus Sicht von Rolf Schneider Auswirkungen auf die Ausbildungsquantitäten gehabt. "Es sind halt viele Betriebe mit einem Beschäftigten entstanden, die dann nicht ausbilden", so der Goldschmiedemeister, der bei Praktikanten auch feststellt, dass sie Ausdauer, Ruhe und handwerkliches Geschick oft überfordert. "Die Vorstellungen sind anders, als der Beruf. Zuerst kommt die handwerkliche Ausbildung und dann erst die Kreativität", verweist Schneider auf Fehleinschätzungen. Mitarbeiter finden, sei so zwar nicht einfach, aber er sei im Moment zufrieden und wer wie er es geschafft habe eine eigene Marke am Markt zu etablieren, der werde auch die Basis für eine gute Zukunft haben. Foto: Pauly


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