Mario Zender

Oberst Thomas Schneider: "Ich gehe mit zwei weinenden Augen"

Am Mittwoch wird der langjährige Kommodore des Luftwaffengeschwaders 33, verabschiedet. Im Interview verrät er uns wie schwer ihm der Abschied fällt.
Wird am Mittwoch offiziell in Büchel verabschiedet: Oberst Thomas Schneider (57).

Wird am Mittwoch offiziell in Büchel verabschiedet: Oberst Thomas Schneider (57).

Bild: Mario Zender

WochenSpiegel: Rund zehn Jahre sind Sie nun bereits in Büchel, davon fünf Jahre als Kommodore. Was war das schönste Erlebnis hier?

Thomas Schneider: Man kann meine Zeit nicht an einem Erlebnis festmachen. Für mich gab es viele prägende Ereignisse. Unser Familientag fand im Mai letzten Jahres sehr hohen Anklang und viele strahlende Gesichter. Aber vor allem das professionelle Team Büchel im politischen Auftrag und unzähligen erfolgreichen Überprüfungen durch die NATO waren beeindruckend für mich. Auch die unkomplizierte Zusammenarbeit mit der Garnisonsstadt Cochem, die uns immer kurzfristig unterstützend zur Seite stand, hat meine gesamte Zeit hier als Kommodore zu einem unvergesslichen Abschnitt meiner militärischen Laufbahn gemacht.Ich fühle mich nicht nur sehr wohl hier in der Gegend, sondern schätze und danke den Menschen für die bedingungslose Unterstützung und die Akzeptanz. In dieser Zeit habe ich nicht nur die Planung und Vorbereitung der Infrastrukturmaßnahmen für ein zukunftsweisendes Waffensystem, die F-35A, begleiten dürfen, sondern auch echte Freunde gefunden. Wir werden über die nächsten zehn Jahre viel Geld in den Fliegerhorst investieren. Wenn man die Ausmaße der Baustelle am Fliegerhorst fortlaufend betrachtet, wird erst klar, wie wichtig der Standort Büchel in der Zukunft für die Luftwaffe sein wird. Mir war es immer wichtig, für die Menschen, aber auch für die Weiterentwicklung des Geschwaders da zu sein. Das war mindestens genauso interessant wie die langjährige, aber doch geliebte Fliegerei mit dem Waffensystem Tornado.

WochenSpiegel: Der schlimmste Tag während Ihrer Dienstzeit dürfte sicher der Absturz eines Kampfjets gewesen sein, oder?

Thomas Schneider: Natürlich war der 16.01.2014 für uns alle ein schlimmes Ereignis. Zu diesem Zeitpunkt war ich Kommandeur Fliegende Gruppe in Büchel und wie auch der damalige Kommodore Oberst Korb, sehr froh, dass die Besatzung diesen Absturz nahezu unverletzt überstanden hat. Mir sind aber auch die menschlichen Schicksale alle sehr nahe gegangen, die Unfälle im und außer Dienst, aber im Besonderen die verstorbenen Kameraden und Beamten des gesamten Teams Büchel.

WochenSpiegel: Sie haben viel für die Zivilbevölkerung rund um Büchel getan. Etwa im Einsatz gegen das Corona-Virus, wo Sie mit Ihren Soldatinnen und Soldaten die Kreisverwaltung, Behinderteneinrichtungen und Seniorenheime unterstützt haben. Wie wichtig war Ihnen diese Hilfe?

Thomas Schneider: Ob es unsere Patenschaft mit Kloster Ebernach, Herz-Jesu-Haus Kühr oder auch mit der Astrid-Lindgren-Schule in Dohr ist, diese Gemeinschaft in der Region geht natürlich in beide Richtungen. Das gesamte Geschwader feiert nicht nur gemeinsam, sondern unterstützt, wo es kann. War es die Corona-Hilfe oder das für viele Moselaner bereits zur Gewohnheit gewordene Hochwasser, das Geschwader war bereit, tatkräftig anzupacken. Und das, weil nicht nur wir der Region, sondern auch die Region uns und vor allem mir sehr am Herzen liegt. Die Organisation Bundeswehr mit all den technischen, aber auch menschlichen Möglichkeiten nutzt dies als »Payback« für das Verständnis des Landkreises und der Stadt, wenn der Lärm der Triebwerke den Mittagsschlaf stört. Bei unseren landesweiten Hilfsaktionen haben wir vor allem im Pflegebereich immer wieder zurückberichtet, dass die Aussetzung der Wehrpflicht und dadurch der Verlust der vielen Zivildienstleistenden an allen Ecken und Enden zu Verlusten in diesen für die Gesellschaft immer wichtiger werdenden Berufen geführt hat.

WochenSpiegel: Sie galten als Kommodore des Dialogs. Selbst mit Demonstranten, die vor Ihrem Stützpunkt gegen Atomwaffen demonstriert haben, suchten Sie den Dialog. Wie wichtig war Ihnen das Gespräch auch mit diesen Menschen?

Thomas Schneider: Demonstrationen sind im Rahmen der gelebten Demokratie ein wesentlicher Bestandteil des öffentlichen Meinungsaustausches. Mir ist der direkte offene Austausch mit den Menschen sehr wichtig, auch wenn sie vielleicht grundsätzlich verschiedener Meinung sind. Wir hatten viele sehr gute und kontroverse Diskussionen an der Hauptwache. Man kannte sich einfach, das gegenseitige Vertrauen und die gegenseitige Akzeptanz wuchsen von Jahr zu Jahr. Meine Geduld endete immer dann, wenn Straftaten entweder angekündigt oder gar durchgeführt wurden. Schon seit meiner ersten Verwendung hier am Standort stand meine Tür immer für alle offen, egal welcher politischen Ausrichtung. Dies praktizierte ich auch als Kommodore, was offensichtlich sowohl bei den Demonstranten als auch bei meinen Soldaten immer positiv auf- und angenommen wurde.

WochenSpiegel: Sie werden nun in die Nato-Zentrale nach Brüssel versetzt. Welche Aufgabe übernehmen Sie dort genau?

Thomas Schneider: Nachdem ich erst einmal für sechs Monate einen Lehrgang in Rom am NATO Defense College absolviere, tausche ich im Anschluss die blaue Uniform gegen den schwarzen Anzug und werde im Bereich Militärpolitik im NATO Hauptquartier in Brüssel meinen Dienst verrichten. WochenSpiegel: Der Tag Ihrer Verabschiedung in Büchel wird sicher kein einfacher Tag für Sie. Mit welchem Gefühl verlassen Sie Büchel und die Eifel? Thomas Schneider: Ich werde den Verband und die Region mit zwei weinenden Augen verlassen. Die Region ist zu meiner zweiten Heimat geworden und die Arbeit über die letzten Jahre haben unheimlich Spaß gemacht. Mit einem gewissen Abstand werde ich der Eifel und der Mosel weiterhin verbunden bleiben und freue mich schon heute auf weitere interessante, Gespräche unter Freunden mit einem Glas leckeren Wein, nicht als ihr Kommodore aber als Thomas Schneider. Vielen Dank für die tolle Zeit.

Interview: Mario Zender


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