Mario Zender

Mosel-Steillage vor dem Aus?

Bislang durften die Winzer an der Mosel ihre Steillagen-Weinberge per Hubschrauber mit Pflanzenschutzmitteln behandeln lassen.

Bislang durften die Winzer an der Mosel ihre Steillagen-Weinberge per Hubschrauber mit Pflanzenschutzmitteln behandeln lassen.

Bild: Archiv

Cochem/Koblenz. Die Steillagen-Weinberge an der Mosel können in den meisten Fällen nur durch einen Spritzhubschrauber mit notwendigem Pflanzenschutz bearbeitet werden. Dafür gab es bislang eine Ausnahmegenehmigung. Doch die könnte bald »kassiert« werden, denn die mächtige Deutsche Umwelthilfe klagt dagegen vor dem Verwaltungsgericht Koblenz.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen haben vor dem Verwaltungsgericht Koblenz Klage gegen die Ausnahmegenehmigung für den Einsatz von Pestiziden per Hubschrauber und Drohne in Rheinland-Pfalz eingereicht. Ihr Ziel: der Schutz des Mosel-Apollofalters – einer streng geschützten und vom Aussterben bedrohten Schmetterlingsart, die weltweit nur noch im unteren Moseltal vorkommt. Während Populationen anderer Apollofalter-Unterarten in Regionen ohne Weinbau und ohne Spritzungen aus der Luft stabil bleiben, verzeichnet der Mosel-Apollofalter laut Umwelthilfe seit Jahren einen dramatischen Rückgang. Aus Sicht der Kläger ist der Einsatz von Pestiziden per Luftfahrzeug eine der Hauptursachen für das Verschwinden der seltenen Art – und weiterer Insektenarten in der Region. Für eine solche Form der Pestizidausbringung dürfe es deshalb keine Ausnahmegenehmigungen mehr geben, so die Forderung der Umweltschützer.
Bundesweit engagiert sich die DUH gegen den Pestizideinsatz aus der Luft. Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) beantragte die Organisation inzwischen die Aufhebung der Genehmigung für die Luftfahrzeuganwendung des Pestizids »Ampexio«.
Sofortiges Ende der Ausnahme gefordert
Deutliche Worte findet »DUH«-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: »Es ist ein absoluter Skandal, dass die rheinland-pfälzischen Behörden Jahr für Jahr Ausnahmegenehmigungen für eine seit 2011 grundsätzlich verbotene Methode der Pestizidausbringung erteilen – trotz der Gefahr der Ausrottung einer streng geschützten Art. Hier sehen wir einen klaren Verstoß gegen geltende Umweltschutzvorgaben.«  Die Missachtung der Empfehlungen des Umweltbundesamts zeige eine »erschreckende Gleichgültigkeit« gegenüber den langfristigen Folgen für die Artenvielfalt. Die schwer zugängliche Lage der Weinberge dürfe kein »Freifahrtschein für die Zerstörung ganzer Ökosysteme« sein. Resch weiter: »Wir fordern ein sofortiges Ende dieser Ausnahmen und die konsequente Einhaltung des Verbots.«
Sollte das Verwaltungsgericht Koblenz dem stattgeben, sieht Cochems VG-Bürgermeister Wolfgang Lambertz die Weinkulturlandschaft an der Mosel in Gefahr.  »Unsere Winzer haben es im Steillagenweinbau bereits schwer genug. Wenn ihnen diese Möglichkeit der Spritzung aus der Luft genommen wird, werden vermutlich die meisten Steillagen-Weinberge nicht mehr bewirtschaftet, und viele Betriebe machen dicht.« Dies hätte, so Lambertz, direkte Auswirkungen auf den wichtigsten Wirtschaftsfaktor an der Mosel: den Tourismus.
»Wenn unsere Flusslandschaft nicht mehr von Weinbergen umringt ist, verliert sie ihr Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Flusslandschaften. Das würde sicher zu erheblichen Umsatzeinbußen für Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen führen«, so der VG-Bürgermeister. Dazu komme, dass die Artenvielfal an der Mosel gerade auch durch die jahrhun-dertalte Weinbautradtion entstanden sei.  Deshalb müsse laut Lambertz die Spritzung der Weinberge durch spezielle und sehr präzise Drohnen ermöglicht werden. Bis diese Technik ausgereift und flächendeckend eingeführt sei, fordert er entsprechende Übergangsfristen. Bericht folgt!

KOMMENTAR
Von Mario Zender

Der Mosel-Riesling aus den weltberühmten Steillagen ist mehr als ein Kulturgut – er prägt die Landschaft, die Wirtschaft und das Lebensgefühl einer ganzen Region. Wenn die Spritzung per Hubschrauber in der Steillage künftig tatsächlich untersagt wird, steht der Steillagen-Weinbau an der Mosel vor dem Aus.  Natürlich müssen Natur- und Artenschutz höchste Priorität haben. Auch der Mosel-Apollofalter ist Teil dieser einzigartigen Kulturlandschaft. Doch ein generelles Verbot der Luftbehandlung, wie es die Deutsche Umwelthilfe fordert, greift zu kurz. Gefragt sind praktikable Lösungen, die den Erhalt des Weinbaus und den Schutz der Artenvielfalt in Einklang bringen – etwa durch moderne, präzise Drohnentechnik oder innovative Pflanzenschutzmethoden.
Denn eines ist klar: Ohne den Steillagen-Weinbau verliert die Mosel ihre Identität. Ein Aussterben der Winzerbetriebe wäre am Ende auch das Ende der Kulturlandschaft, die wir alle schützen wollen und müssen.

Mario Zender
mzender@weiss-verlag.de

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