"Der frühe Vogel fängt das Kitz"
von Mario Zender
Dohr. Es ist noch früh, als sich Christian Döpgen am Montagmorgen auf dem Weg macht. Im Feld von Landwirt Carsten Oster am Ortsrand der Eifelgemeinde Dohr begrüßen die Vögel mit einem "Konzert" die ersten Sonnenstrahlen. "Ideale Temperaturen", sagt der 35-Jährige, als er seine "DJI"-Drohne mit Wärmebildkamera auspackt. "Eine Temperatur von um die zehn Grad ist optimal. Denn die Rehkitze haben eine recht geringe Körpertemperatur." Christian Döpgen muss sich an diesem Morgen beeilen. Wenn zu viel Sonne da ist, kann er die Wärmebildkamera an seiner Drohne nicht mehr ideal einsetzen. "Dann sehen wir die Tiere nicht und der Bauer steht bereits bereit zum Mähen." Und ergänzt schmunzelnd: "Der frühe Vogel fängt das Kitz".
Seit rund einem Jahr ist Döpgen, der im Hauptberuf eine Lackiererei in Zell führt, für Rehkitze ehrenamtlich unterwegs. "Mit einer solchen Technik Tierleben zu retten, fasziniert mich", erzählt er dem WochenSpiegel-Reporter. Dann plötzlich unterbricht er das Gespräch und schaut konzentriert auf seinen etwa 15 Zentimeter großen Bildschirm. "Hier ist ein Tier, sehen sie den schwarzen Fleck?" Es ist ein Rehkitz, das dort im rund 70 Zentimeter hohen Gras liegt. Und das Muttertier steht etwa zehn Meter daneben und ist aufgeschreckt vom Summen der Rotoren. Das Kitz hingegen bewegt sich nicht. "Die Tiere bleiben liegen, auch wenn der Mährescher kommt." Schnell geht Döpgen durch das Gras an die Stelle, wo die Drohne das kleine Reh aufgespürt hat. Als er einen Meter davor ist, springt es auf und läuft davon. "Es war schon etwas größer und ist weggelaufen. Dann ist auch sicher, dass es nicht überfahren wird", freut sich Döpgen. Genau in diesem Moment verspürt er Dankbarkeit für sein Ehrenamt. "Immer wenn ich ein junges Tier aufspüre, ist es für mich eine Bestätigung der Arbeit". Und die kostet für den Unternehmer nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Rund 7.500 Euro hat er in seine Drohnenausrüstung gesteckt. Das Teuerste dabei ist noch nicht einmal das Fluggerät an sich, sondern die hochauflösende Kamera mit Wärmebildfunktion. Die Investition war Döpgen wichtig, obwohl er damit nichts verdient. "Es ist halt ein schönes Hobby", so der 35-Jährige. "Und ab und zu bekomme ich mal eine Packung Eier geschenkt". Darüber freut sich Döpgen, aber noch mehr über die Tatsache, dass er die Jungtiere vor dem Tod retten kann. Etwa 15 hat er in diesem Jahr bereits aufgespürt. Wenn er ein Jungtier im Feld findet, zieht er sich Handschuhe an, nimmt etwas Gras und legt es vorsichtig in eine Kiste. "Nachdem der Landwirt dann mit Mähen fertig ist, wird es an der Stelle wieder ausgesetzt", berichtet Döpgen. Und die Bauern sind froh über den Einsatz. "Das Gefühl, nachher sicher durch die Wiesen zu fahren, ist dann ein besseres. Wenn man ein solches Tier erwischt, ist es bedrückend", so Landwirt Carsten Oster aus Faid. Und, so ergänzt der Landwirtschaftsmeister schmunzelnd: "Dafür stehen wir dann auch gerne mal extra früh auf". Nach zwei Stunden ist der Einsatz an diesem Montag beendet. Die Sonne scheint bereits zu stark und macht eine weitere Absuche unmöglich. Rund sechs Hektar Wiesenfläche hat Döpgen an diesem Tag abgesucht und sichergestellt, dass kein Tier dort liegt. Er steigt in sein Auto und startet seinen normalen Arbeitstag mit der Fahrt zu seiner Lackiererei in Zell. "Das ist ein guter Tag, der mit einer solchen Rettung eines Jungtiers beginnt", so Döpgen und verabschiedet sich.