Simone Wunder

Der Arbeitsmarkt fällt ins Sommerloch

Der Arbeitsmarktbericht für den Monat Juli liegt vor (Symbolfoto).

Der Arbeitsmarktbericht für den Monat Juli liegt vor (Symbolfoto).

Bild: Agentur für Arbeit

Cochem-Zell. Die Arbeitslosigkeit im Landkreis Cochem-Zell ist im Juli deutlich gestiegen. Die Statistiker zählten zum Monatsende 1.226 arbeitslose Frauen und Männer, das sind 130 mehr als vier Wochen zuvor. Vor einem Jahr waren noch 67 Personen weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote steigt gegenüber Juni um 0,4 Punkte auf 3,6 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 3,4 Prozent.

Dem Arbeitsgeberservice der Agentur wurden in den vergangenen vier Wochen 97 zusätzliche offene Stellen gemeldet. Insgesamt gibt es bei der Arbeitsagentur damit aus der Region 597 Stellenangebote, das sind 80 mehr als vor einem Jahr.  

„Dass die Arbeitslosigkeit zu Beginn der großen Ferien ansteigt, ist nicht ungewöhnlich“, erklärt Frank Schmidt, Leiter der Agentur für Arbeit Koblenz-Mayen. „Obwohl Fachkräfte überall händeringend gesucht werden, finden nicht alle, die ihre Ausbildung in den letzten Wochen beendet haben, sofort eine Anschlussbeschäftigung. Viele überbrücken zum Beispiel auch die Zeit bis zum Beginn eines Studiums und melden sich erst einmal arbeitslos.“ Das führe zum sogenannten kleinen Sommerloch und sei ein bekanntes und vorübergehendes Phänomen. „Spätestens im Oktober, wenn das Semester startet, geht diese Arbeitslosigkeit üblicherweise zurück.“

Das allein erkläre die aktuelle Entwicklung jedoch nicht, räumt Schmidt ein und verweist besonders auf die relativ hohe Zunahme gegenüber dem Vorjahr. „Wir stellen seit Monaten fest, dass sich die konjunkturelle Lage angesichts vielfältiger nationaler und weltweiter Krisen eintrübt. Davon blieb die Mosel rund um Cochem in den letzten Monaten wegen der boomenden Tourismusbranche weitgehend verschont, doch nun ist auch dieser Landkreis dort angekommen, wo die Nachbarkreise schon seit Längerem sind: Die Arbeitslosigkeit steigt langsam aber stetig an, was sich vor allem im Vergleich zum Vorjahr zeigt.“

Zwar sei der Arbeitsmarkt angesichts der Fülle an Belastungen noch relativ stabil, Pandemie und Jahrhundertflut, die anhaltenden Kriege in der Ukraine und ihm Nahen Osten, aber auch Energiewende oder demografische und technische Umwälzungen forderten zunehmend ihren Tribut. „Wie stark sich das in Cochem-Zell künftig auswirken wird, wissen wir erst, wenn der Sommerloch-Effekt nach den Ferien verschwindet. Dann wird sich zeigen, inwieweit Tourismus und Gastronomie dem Krisentrend auf Dauer entgegenwirken können.“

Auf jeden Fall gebe es widersprüchliche Entwicklungen, die Prognosen mehr als schwierig machten. „Da ist einerseits der besorgniserregende Fachkräftebedarf in vielen Branchen, der vor allem dem demografischen Wandel geschuldet und ohne Zuwanderung unlösbar ist. Andererseits finden etwa durch technische Entwicklung oder Energiewende gerade in Schlüsselbranchen wie der Autoindustrie und den Zulieferbetrieben erhebliche Veränderungen statt, die Unternehmen und ihre Beschäftigten verunsichern. Der unter Druck geratene Welthandel kommt noch obendrauf.“

Das führe dazu, dass viele Betriebe zwar eisern an ihren Fachkräften festhalten, sich bei Neueinstellungen aber zurückhalten. „Damit ist das Risiko, arbeitslos zu werden zwar noch immer relativ gering. Wer aber arbeitslos ist, hat es deutlich schwerer wieder eine Stelle zu finden.“         

Zurückhaltend zeigen sich zumindest die Arbeitgeber im Landkreis Cochem-Zell auch bei der Suche nach betrieblichem Nachwuchs. Jedenfalls konnte die Zahl der jugendlichen Bewerber von 249 im Vorjahreszeitraum auf aktuell 295 gesteigert werden, während die Betriebe 327 Ausbildungsstellen meldeten – immerhin 115 weniger als vor einem Jahr. War das Angebot-Nachfrage-Verhältnis also grundsätzlich relativ ausgewogen, hat sich dies wenige Wochen vor Start der meisten Ausbildungsverhältnisse zu Lasten der Arbeitgeber geändert: Aktuell stehen 74 unversorgten jungen Leuten noch 152 unbesetzte Lehrstellen gegenüber.

„Tatsächlich könnte die Schere zwischen Angebot und Nachfrage noch weiter auseinanderklaffen, da viele junge Leute uns erfahrungsgemäß erst mit Verzögerung darüber informieren, dass sie fündig geworden sind, lieber studieren wollen oder erst mal eine Auszeit nehmen“, erklärt Frank Schmidt. In jedem Fall gebe es für diejenigen, die tatsächlich noch auf der Suche sind, reichlich Auswahl. „Zurzeit gibt es noch in fast allen Berufen offene Stellen.“

In der Berufsberatung gehe es aber nicht allein darum, junge Leute und Betriebe zusammenzubringen, betont der Agenturleiter. Auch der Berufsorientierung komme eine immer größere Bedeutung zu. „Gerade in einer Welt, in der sich Berufsbilder in rasender Geschwindigkeit verändern und es beinahe unendliche Möglichkeiten gibt, brauchen junge Menschen Unterstützung, um den für sie passenden Berufseinstieg zu erkennen. Deshalb sollte niemand auf die kostenlose Unterstützung unserer Beraterinnen und Berater verzichten.“

Kontakt zur Berufsberatung: 0261 – 405 444.


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