Orange Day 2024: Gewaltprävention im Landkreis Bernkastel-Wittlich
Im Vorfeld des Orange Day 2024 am Montag, 25. November, hat der WochenSpiegel mit Stefanie Rodermund (Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich) gesprochen. Das Interview lesen Sie nun hier.
WochenSpiegel: Welche konkreten Maßnahmen plant der Landkreis Bernkastel-Wittlich, um das Bewusstsein für Gewalt gegen Frauen zu schärfen und Betroffene zu unterstützen?
Stefanie Rodermund: Grundsätzlich beschäftigt der Landkreis Bernkastel-Wittlich eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte. Deren Aufgabe ist es, sich für die Rechte und Interessen der Bürgerinnen im Landkreis einzusetzen. Gleichstellungsbeauftragte für den Landkreis Bernkastel-Wittlich ist Frau Gabriele Kretz. (Telefon 0 65 71 - 14 2255, E-Mail: Gabriele.Kretz@Bernkastel-Wittlich.de) Um Chancengleichheit zu wahren und die Gleichstellung der Frau zu fördern achtet sie darauf, dass die Verwaltung und die politischen Gremien bei ihren Entscheidungen die Belange von Frauen und Mädchen berücksichtigen. Durch Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen wie bspw. der unten näher beschriebenen "Orange Days" trägt sie zum Bewusstseinswandel in der Gesellschaft bei. In vertraulichen Sprechstunden unterstützt sie ratsuchende und interessierte Frauen.
WochenSpiegel: Gibt es im Landkreis spezielle Projekte oder Programme, um Gewaltprävention in Schulen, Universitäten und der breiteren Öffentlichkeit zu fördern?
Stefanie Rodermund: Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ist seit vielen Jahren ein Aktionstag im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Die UN-Kampagne "Orange the world" macht seit 1991 auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam. Mit der der Illumination der Burg Landshut 2021 sind auch die Orange Days im Landkreis Bernkastel-Wittlich angekommen und seither Jahr für Jahr gewachsen. Vom Internationalen Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen am 25. November bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, finden im Landkreis zahlreiche Veranstaltungen statt.
Viele bekannte Akteure wie der Kunstverein "Kunst an Hecken und Zäunen e.V." sind auch in diesem Jahr wieder mit von der Partie, aber wir freuen uns auch über andere Teilnehmer, wie das Haus der Jugend Wittlich; sie starten eine Instagram-Kampagne mit täglichen Informationen rund um den Themenkomplex Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Der beliebte You-Tube-Kanal von Pfarrer Bruno Comes greift dieses Thema während der 16 Tage auf, "Alpina weiß Bescheid" - eine integrative Band - hat einen Extra-Song geschrieben. Der Kinopalast Eifel Mosel Hunsrück sowie das Moselkino Bernkastel, das WILàvie, der Pastorale Raum Bernkastel-Kues und der LandFrauenverband sowie viele andere sind mit dabei.
Als weiteren wichtigen Bestandteil der Anti-Gewalt-Arbeit des Landkreises möchte ich die Errichtung eines Frauenhauses im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit der Landkreise Bernkastel-Wittlich, des Landkreises Vulkaneifel, des Eifelkreises Bitburg-Prüm sowie des Landkreises Cochem-Zell erwähnen. Ein Gebäude zur Gründung des Frauenhauses wurde bereits im Jahr 2023 gefunden und nach mittlerweile erfolgten Umbau- und Brandschutzmaßnahmen sowie unter finanzieller Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz und aller vier genannten Landkreise wird das Frauenhaus Mitte November 2024 die Arbeit aufnehmen.
Frauenhäuser sind Schutzräume, die von Gewalt in engen sozialen Beziehungen betroffenen Frauen und ihren Kindern eine anonyme und sichere Zuflucht bieten. Leider gibt es in Rheinland-Pfalz deutlich zu wenig Frauenhausplätze die Schutz und Unterkunft für die Betroffenen bieten können. Umso erforderlicher war die Errichtung dieses weiteren Hauses um dem hohem Bedarf an Schutzräumen gerecht zu werden.
WochenSpiegel: Wie schätzen Sie die Wirksamkeit der bisherigen Initiativen im Landkreis ein und welche weiteren Schritte sind Ihrer Meinung nach notwendig, um Gewalt gegen Frauen langfristig zu bekämpfen?
Stefanie Rodermund: Alle genannten Initiativen, Veranstaltungen und Projekte tragen Früchte im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Viele Kooperationspartnerinnen und -partner unterstützen die Orange Days, insbesondere bspw. das Jugendkulturzentrum, welches sich mit seinem Programm bereits an Mädchen ab 12 Jahre richtet. Die Performance "Masken" im Rahmen der Orange Days am Freitag, 29.11.2024 wird filmisch festgehalten und im nächsten Jahr pädagogisch in den Schulen im Landkreis zur Information und Prävention eingesetzt.
Wichtig ist es das Thema aus der Tabu-Zone zu holen und Menschen die Opfer werden, Informationen zu geben, wo sie Hilfe erhalten können. Ebenso wichtig ist eine gewisse Beharrlichkeit und ein nachhaltiges Arbeiten an diesem Thema. Durch Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen wird zum Bewusstseinswandel in der Gesellschaft beigetragen und der Tabuisierung entgegengewirkt. In vertraulichen Sprechstunden werden ratsuchende und interessierte Frauen unterstützt. Zum Themenspektrum gehören u.a. Trennung und Scheidung, Anspruch auf Sozialleistungen oder Gewalterfahrungen. Diese Angebote müssen beibehalten werden.
WochenSpiegel: An wen können sich betroffene Frauen wenden? Gibt es anonyme Hilfsangebote?
Stefanie Rodermund: Ansprechpartnerinnen sind die Gleichstellungs- bzw. Frauenbeauftragen der Kommunen und des Landkreises sowie die Konferenz der Frauenhäuser (www.frauenhaeuser-rheinlandpfalz.de). Hier finden Betroffene Informationen rund um die Wege aus der Gewalt sowie die Notfallnummern aller Frauenhäuser in Rheinland-Pfalz.
Ebenfalls weisen wir auf das anonyme Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" hin. Hier wird Frauen telefonisch und der Nr. 116 016 Hilfe angeboten, unter www.hilfetelefon.de besteht auch die Möglichkeit sich innerhalb eines anonymen Chats Hilfe zu suchen. Das Hilfetelefon ist rund um die Uhr verfügbar und durch Dolmetscherdienste sind neben Deutsch auch weitere Sprachen verfügbar.
Die Fragen stellte Julia Borsch