Er ist zahlreichen »Moselwinzern« auf der Spur
Dabei allein wird es aber nicht bleiben, das steht zumindest seit vergangener Woche fest. Jürgen Kentenich: »Die Zahl der Verdachtsfälle wird sich durch immer neue Ermittlungsergebnisse bei Zulieferbetrieben künftig noch erhöhen.« Schwarzgeschäfte mit Moselwein sind offenbar, so der Finanzamtschef, ein »weit verbreitetes Phänomen«. Das Wein »schwarz«, also an der Steuer vorbei, verkauft wird, ist an der Mosel offenbar ein »weit verbreitetes Geschäftsmodell«. Der Mann, der diese Aussage vergangene Woche getroffen hat, legt sich seit Monaten mit Moselwinzern an. Offenbar mit Erfolg. Denn Jürgen Kentenich, Chef des Trierer Finanzamtes (ihm unterstehen die Steuerfahnder), legte vergangene Woche eine erste Bilanz der Ermittlungen gegen Moselwinzer vor. In den kommenden Wochen und Monaten wird es nach WochenSpiegel-Informationen noch weitere Durchsuchungsaktionen der Steuerfahndung bei Moselwinzern geben. Die Steuerfahndung hat bei Zulieferbetrieben umfangreiche Unterlagen sichergestellt. Aus den Listen geht genau hervor, welche Winzer welche Anzahl an Korken gekauft haben und wo ein so genanntes Rechnungssplitting vorgenommen wurde. Ein Teil der Korken wurde mit Rechnung, ein anderer Teil ohne Rechnung (mit Barzahlung) gekauft. Jürgen Kentenich: »Dabei müssen die Winzer offenbar schon vorher ihre Mengen kalkuliert haben, die sie an der Steuer vorbei verkaufen wollten.« Auf der Agenda der Steuerfahnder für die nächsten Monate stehen, so Informationen des WochenSpiegel, auch noch die Durchsuchungsmaßnahmen bei weiteren Zulieferbetrieben. Die Fälle ziehen dabei auch weitere Kreise, wie Jürgen Kentenich erklärt: »Es ist wie, wenn man an einem Faden zieht und dann kommt ein ganzes Knäuel zum Vorschein.« Mit weiteren Kreisen ist auch gemeint, dass gegen andere Zulieferbetriebe Ermittlungen folgen werden. Denn die Winzer, die ihre Korken »schwarz« gekauft haben, müssen logischerweise auch Flaschen, Etiketten und Kartons »schwarz« gekauft haben. Hier prüfen die Ermittler nun, welche Firmen die Leistungen dann ebenfalls »schwarz« kassiert haben. »Man hat sich in der Branche jahrelang sehr sicher gefühlt«, glaubt Kentenich. Das ist seit Wochen vorbei. Inzwischen hätten sich nach Mitteilung des Trierer Finanzamtes vier Weinbaubetriebe selbst angezeigt. Das erwirtschaftete Schwarzgeld landete nach Angaben von Kentenich nicht nur auf den Sparbüchern der Winzer. Viele Winzer bauten mit dem Geld auch neue Ferienwohnungen oder renovierten ihre Weinstube, sagt Finanzamtschef Kentenich. In einem Fall fanden die Ermittler 400.000 Euro in bar in einem Tresor eines Winzers. Die hohen Nach- und Strafzahlungen, die nach Bekanntwerden der Steuerhinterziehungen auf die Winzer zukommen, haben teilweise gravierende Auswirkungen. Im Bereich der Mittelmosel hat, so WochenSpiegel-Informationen, ein betroffener Winzer bereits Insolvenzantrag gestellt. Jürgen Kentenich hat wenig Mitleid mit den betroffenen Winzern. »Das ist ein kriminelles Verhalten. Wenn sich ein Winzer in eine solche Situation bringt, ist es sein Problem, wenn er später Insolvenz anmeldet.«Damit es erst gar nicht so weit kommt, rät Jürgen Kentenich allen Winzern, die in der Vergangenheit nicht ganz steuerehrlich waren, folgendes: »Sofort Selbstanzeige erstatten.« Für den Winzerverband an der Mosel sind die Ermittlungen »erschreckend«. Rolf Haxel, Präsident des Weinbauverbandes Mosel, zeigte sich im Gespräch mit dem WochenSpiegel entsetzt über die Zahl der Strafverfahren und die Höhe der Steuerhinterziehungen. »Dass es so viele schwarze Schafe unter den Winzern gibt, hätte ich nicht gedacht. Ich hatte höchstens mit einigen wenigen Fällen gerechnet«, so Haxel. Der Weinbaupräsident rät Winzern, die sich auch an solchen Steuerbetrügereien beteiligt haben und gegen die noch nicht ermittelt werde, ebenfalls dringend zur Selbstanzeige. Eine entsprechende Beratung biete auch der Bauern- und Winzerverband an. Wie die Winzer bei den Durchsuchungen reagierten und welche weiteren Erkenntnisse die Durchsuchungen der Steuerfahndung brachten, erfahren Sie in unserem Videobeitrag. Fotos/Video: Zender