Nikolas Leube

Aus Glücksgefühl wird Sucht

Hetzerath. Thomas Patzelt war glücksspielsüchtig und hilft nun Betroffenen und ihren Angehörigen.

Bild: Edith Billigmann

Erfolgreich im Beruf, ein eigenes Haus, frisch verheiratet: Auch wenn Thomas Patzelt mit 29 Jahren schon viel erreicht hat, verbirgt sich hinter der erfolgreichen Fassade eine tiefe Unzufriedenheit. In der Spielothek findet er einen Rückzugsort und im Spielen das fehlende Gefühl von Glück. Schnell wird aus Spielen eine Sucht und aus Geld ein verhängnisvolles Suchtmittel.

von Nikolas Leube

"Einmal fünf Mark, was soll da schon passieren?", denkt sich Thomas Patzelt Ende der 90er-Jahre, als er etwas Zeit zwischen zwei Geschäftsterminen vertreiben will. Als er die Spielothek mit einem Gewinn von fast 300 Mark verlässt, spürt er zum ersten Mal das Glücksgefühl, das ihn fortan nicht mehr loslässt. Ab diesem Zeitpunkt sei er "angefixt" gewesen.

Den ganzen Tag gezockt

Schnell erhöht Patzelt die Einsätze. Getrieben von dem wiederkehrenden Reiz eines möglichen Gewinns, verbringt er bis zu 14 Stunden am Tag am Automaten. "Das kleine viereckige Ding war meine Welt", blickt der heute 53-Jährige zurück. Dort kann er die Zeit vergessen, dem Stress des Alltags und seiner Unzufriedenheit entfliehen. Letztere habe viel damit zu tun gehabt, dass er keine Schwäche zeigen wollte, ihm Anerkennung und Liebe gefehlt hätten, weiß er heute.

Ein Lügenkonstrukt

"Ich war ein Meister der Manipulation", berichtet Patzelt. Unbemerkt von seinem Umfeld und seiner Familie geht er seiner Spielsucht nach. Doch irgendwann ist der Druck zu groß. Die Sucht hat ihn dazu getrieben, sich zu verschulden, die Ehefrau und seinen Arbeitgeber zu bestehlen. "Ich sah einen Tsunami auf mich zukommen", gesteht sich Patzelt ein. Bevor sein Lügenkonstrukt zusammenbricht, entscheidet er sich 2004 zur Offensive. Er "outet" sich gegenüber seiner Frau und seinem Arbeitgeber. Seine Frau verliert er, sie zeigt ihn wegen Betruges an. Sein Arbeitgeber hält zu ihm und vermittelt ihm Hilfe. In der Therapie lernt er eine neue Partnerin kennen und zieht für sie von Bayern nach Rheinland-Pfalz.

Hilfe für Betroffene

Seit 2007 ist Patzelt spielfrei und spürt nur noch selten das Verlangen nach dem Reiz und dem Glücksgefühl des Spielens. Er sei glücklich und es gehe ihm gut, erzählt er im Gespräch mit dem WochenSpiegel. Mit "spielfrei 24" organisiert er Selbsthilfegruppen und klärt über Glücksspiel- und Online-Spielsucht auf. Auch ist er als Suchtberater und Kompetenztrainer aktiv und teilt so seine Erfahrungen, um anderen zu helfen. Das komplette Interview mit Thomas Patzelt finden Sie auf Seite 3. zu: Thomas Patzelt war acht Jahre lang spielsüchtig. 2004 hat er sich in Therapie begeben, seit 2007 ist er spielfrei. Heute engagiert er sich und hilft anderen Betroffenen.

Aus zehn Jahren Landesverband sind mittlerweile 30 Selbsthilfegruppen (SHG) für Betroffene und Angehörige entstanden, davon 20 in Präsenz und 10 Online-SHG.

Darüber hinaus gab es mehr als 3000 Gespräche mit Betroffenen und Angehörigen.

Außerdem mehr als 1 Millionen Stunden spielfreie Zeit für die Betroffenen.

Hier gehts zum Interview mit Thomas Patzelt


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