Rhythmus im Kirchturm
Recht weltlich mutet das Gedicht an, das Walter und Peter Trarbach summen, wenn sie im Glockenturm der Dernauer Pfarrkirche St. Johannes Apostel zugange sind. Von einer kranken Frau, der nur ein Schöppchen Wein fehlt, ist da die Rede.
Ding-Dinge-Dang.
Ming Frau oss krank.
Wat fehlt ihr dann?
E Schöppsche Wing –
Dat kann net senn!
Nichtsdestotrotz ehren sie mit ihrer Tätigkeit Gott. Vater Walter und Sohn Peter Trarbach dingeln. Zu festlichen Anlässen – wie zu Fronleichnam am morgigen Donnerstag – erklimmen sie die zwei Holztreppen und die beiden Leitern des Kirchturms bis zum Glockenstuhl. Dort bringen sie die drei Glocken der Dernauer Pfarrkirche in einem bestimmten Rhythmus zum Klingen. Dieser Rhythmus ist seit Urzeiten überliefert. Das Gedicht hilft ihnen dabei, den Rhythmus zu halten. Seit genau 40 Jahren spielt Walter Trarbach den Rhyhtmus auf den drei Dernauer Glocken. Zuvor allerdings gab es 25 Jahre lang keinen Dingelmeister. Den Rhythmus kannte Walter Trarbach trotzdem noch. »Als kleiner Bub habe ich an der Kirche gewohnt. Wenn die Männer gedingelt haben, bin ich immer in den Kirchturm gestiegen und habe zugeguckt. Daher wusste ich auch noch, wie die Seile befestigt waren«, erinnert sich der 76-Jährige.
Vorkehrungen
Denn bevor die Dingelmeister loslegen können, müssen Vorkehrungen getroffen werden. Zunächst stellen sie das elektronische Läutewerk ab. Dann stellen sie die Glocken fest, sodass sie sich nicht mehr bewegen können. Dazu hat Schlosser Walter Trarbach extra Spannschlösser konstruiert. An den großen Klöppeln der drei Glocken werden sodann Seile befestigt. An diesen können die Dingelmeister ziehen, um die Klöppel gegen die Glocken zu schlagen und sie so zum Klingen zu bringen. Die Glocken werden mit den Spannschlössern ein wenig geneigt. »Der Klöppel muss von der Glockenwand weit genug weg sein, um einen ordentlichen Schlag hinzubekommen. Er darf aber auch nicht zu weit weg sein, damit man nicht zu viel Kraft beim Ziehen der Klöppel aufwenden muss«, erklärt Peter Trarbach. Bedient wird der Mechanismus immer nur von einem der Dingelmeister.
Mit Holzlatten-Konstruktion geübt
Warum es eine 25-jährige Pause gab, weiß Walter Trarbach. Ursprünglich wurde die Glocke generell mit einem Seilzug bedient. »1954 wurde das Läutewerk aber elektrifiziert«, so Trarbach. Zudem wurde ein neues Seil angebracht. »Das riss beim Dingeln aber immer ab.« Irgendwann gab der damalige Dingelmeister Felix Ley auf. 1979 wollten die Mitglieder der Feuerwehr einem Kameraden zur kirchlichen Feier seiner Silberhochzeit einen »Jux« schenken, wie Trarbach senior es nennt. Sie fragten ihn, ob er als Überraschung dingeln könne. Zum Üben baute sich Walter Trarbach im Keller aus Holzlatten und kleinen Glöckchen eine Konstruktion. Die Überraschung gelang und fortan ward die Tradition wieder gelebt. Inzwischen gibt es mit Thomas Ley und Christian Justus Sebastian sogar »Nachwuchs«, der die Kunst des Dengelns in Dernau erlernt. Am 29. Juni ab 16 Uhr nehmen Walter und Peter Trarbach mit anderen Gruppen an der Dingelvorführung zum 750-Jahr-Jubiläum der Ahrweiler Pfarrkirche St. Laurentius teil.