gepostet von Julia Borsch

In Feld, Garten und Flur ...

Region. Autor Joachim Schröder vergleicht die gegenwärtige und die historische Gartenkultur in der Eifel. Ein neuer Beitrag der Reihe "Eefeler Verzellcher".

Der typische Bauerngarten in der Eifel, früher an jedem Haus zu finden, war hauptsächlich ein Nutzgarten.

Der typische Bauerngarten in der Eifel, früher an jedem Haus zu finden, war hauptsächlich ein Nutzgarten.

Bild: Archiv, Joachim Schröder

Wenn man die heutige Gartenkultur mit der früheren vergleicht, so sind mehrere wesentliche Unterschiede erkennbar. Zum einen finden wir heute fast mehr "Kunstflächen" mit für die Region eher atypischen Gewächsen (Exoten) als Wirtschafts- und Nutzgarten. Kurzgeschnittene Rasenflächen mit Sprenger dominieren in den Vorgärten, pflegeleichte Nadelhölzer statt laubabwerfender Bäume und Hecken. Zum anderen haben sich statt einheimischer Materialien vielfach Kunststoffe, Beton und Marmor mit Fontänen und wesensfremden Erscheinungsformen durchgesetzt. Hinzu kommt bei uns heutigen Menschen eine völlig neue Mentalität. Statt Eigenanbau und Selbstversorgung sind wir umgestiegen auf den Einkauf aller landwirtschaftlichen Produkte im nahegelegenen Supermarkt und auf chemische Heilmittel aus der Apotheke. Das gilt auch für den Bauern, der sich früher selbst versorgte und eigene Produkte weiterverkaufte.
Daneben geraten viele alte Gartenpflanzen auf eine Stufe mit dem "Un-Kraut". Bekämpft und ausgerottet fehlen sie heute im Gartenbild.

Früher war das vollkommen anders. In einer Zeit, in der die Felder bestellt, die Wäsche mit der Hand gereinigt und gebleicht wurde, das Handwerk und die Hausarbeit erledigt werden mussten und eine Vielzahl von Kindern erzogen wurde, blieb trotz aller Beschwernisse Muße für die Gartenarbeit. Der typische Bauerngarten in der Eifel, früher an jedem Haus zu finden, war hauptsächlich ein Nutzgarten. Er war gegliedert in Gemüse- und Gewürzgarten, dazu gab es eine Abteilung mit Zierpflanzen und Heilkräutern. Die Anlage war übersichtlich und funktional, Pfade markierten Gliederungen, in der Mitte befand sich nicht selten ein Rondell, optisch hervorgehoben durch ein Blumenbeet.


Den größten Raum des Gartens nahm das Gemüsebeet ein: Möhren, Kohlrabi, Lauch, Zwiebeln, Rote Beete und die in der Eifel so beliebten Dicken Bohnen, hier auch "Saubohnen" genannt. Spinatsorten -heute fast vergessen - bereicherten das Angebot. Kartoffeln, Rot- und Weißkohl sah man hingegen in den Gärten seltener; diese Arten wurden im freien Feld angebaut. Manche Gemüsepflanze galt auch als Heilmittel: Mangoldsaft half gegen Blutarmut, Zwiebeln gegen Bronchialerkrankungen und in Pestzeiten diente sie zur Desinfizierung der Luft.
Gegenüber dem Gemüsebeet verlief entlang der schützenden Hauswand an der Südseite das Heilkräuterbeet. Eine Vielzahl von Kräutern fand man hier vor: Eibisch (gegen Husten, Zahnschmerzen, Magenbeschwerden), Frauenkraut (für die Wundheilung), Fingerhut (für die Herzstärkung), die Großblütige Königskerze (gegen Erkältungen aller Art). Die Königskerze besaß nach Meinung unserer Vorfahren darüber hinaus die Fähigkeit, das Haus vor Blitzschlag zu schützen und wurde daher im Volksmund auch "Blitzkraut" genannt. Diese fehlte wie viele andere Kräuter niemals im Krautwisch, den man am 15. August zur Weihe in die Kirche brachte und anschließend im Haus aufhing.

Ein weiteres Beet war das der Gewürzkräuter, die als Küchen- und Heilkräuter dienten. Zitronenmelisse, Liebstöckel, Salbei, um nur einige aufzuführen, waren für die Köchin unersetzbare Gewürze, zugleich versehen mit heilender, beruhigender oder krampflösender Wirkung. Ziersträucher markierten am Kopfende die Grenze des Bauerngartens. Zur "Wetterseite" hin - so nennt der Eifeler die Westseite, von der der Regen kommt - wachsen höhere, den Innenraum schützende Pflanzen und Schattenspender: Flieder, Forsythie, Weigelie, Deutzie, Falscher Jasmin und Pfingstrose. Neben diesen Sträuchern gab es weitere Zierpflanzen. So finden wir Rosen und Lavendel dicht neben Rainfarn und Feldsalat, Senf neben Dahlien und Zwiebeln, Ringelblumen und Astern. Nicht vergessen werden dürfen die einheimischen Beerensträucher wie Rote und Schwarze Johannisbeere, Himbeerhecken und die in der Eifel beliebten Stachelbeeren ("Deck Krischeln"). Sie bildeten meist nach der Längsseite den Abschluss des Gartens.

Der Eifeler Bauerngarten war bestückt mit einheimischen Materialien. Zaun, Weg und Beeteinfassung, dazu die Pforte, fertigte man aus Holz, Steinen und Platten aus der Natur. Ob altertümlicher Flechtzaun, Stanketen oder Schwartenzaun, Holz war der Lieferant. Die Gartenpfädchen waren mit Kies oder zermahlener Gerberlohe (Eichenrinde) ausgelegt. Steine dienten als Beeteinfassungen, gelegentlich Dachziegel oder eine einfache Buchsbaumhecke ("Pälmen").

Neben der Feldwirtschaft, der Viehzucht und der Waldnutzung war der Gartenbau die vierte Stütze der bäuerlich - ländlichen Selbstversorgung. Er war nicht wie heute Erholungsraum, sondern diente in Zeiten der Not als wichtiger Bestandteil zur Deckung des lebensnotwendigen Eigenbedarfs. Diesem Anspruch wurde auch der Artenreichtum der Pflanzen gerecht, die in verschiedenen Lebensbereichen ihren Dienst zu leisten hatten: als Lebensmittel und Gewürz, als Heilkraut oder Zierpflanze oder auch als Gewächs, von dem man sich eine magische Wirkung gegen Krankheiten und böse Geister versprach.
Das wachsende Umweltbewusstsein führt heute -gottlob - zu einer Rückbesinnung auf alte bewährte Techniken und Methoden im Gartenbau. Hinzukommt, dass im Zeitalter von BSE und Kälbermast das Prinzip der Selbstversorgung wieder stärker hervortritt. Am wichtigsten erscheint mir, dass ein Umdenken stattfindet im Hinblick auf Ernährung und auf natürliche Schönheit der Gärten. Denn einst waren sie der Stolz der Bäuerin und des gesamten Hofes.

 

Textauszug aus den "Eefeler Verzellcher"
Joachim Schröder

 


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