Edith Billigmann

Rheinland-Pfalz hat ein geflügeltes Problem

Kreisgebiet. Wir haben den Hornissenexperten Carsten Emser zum Thema »Ausbreitung der Asiatischen Hornisse« gefragt. Hier sind seine Antworten:

Herr Emser, warum gilt die Asiatische Hornisse als so gefährlich?

Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) stellt laut Umweltministerium eine Gefährdung für die heimische Insektenwelt dar. Sie ist eine invasive Art nahezu ohne natürliche Fressfeinde, auf deren Jagdverhalten die europäischen Bienenvölker keine Abwehrmechanismen entwickelt haben.

Warum ist es so wichtig, jetzt zu handeln?

Aktuell hängen die Primärnester noch in 0 bis 5 Meter Höhe, bevorzugt in Hecken und an Häusern, und sind zur Bekämpfung gut erreichbar.

Die Population wächst rasant. Bei uns im westlichen Rheinland-Pfalz ist es bereits das zweite Jahr, in dem wir die Asiatische Hornisse bekämpfen. Ein Hornissenvolk frisst über 11 kg Insekten pro Jahr. Für die Imker bedeutet das große wirtschaftliche Schäden. Auch für Obstbauern und insbesondere für Winzer kann es zu erheblichen Ernteausfällen kommen. Insgesamt ist durch die Gefräßigkeit der Asiatischen Hornisse der Bestand aller Bestäuber gefährdet. Wir müssen jetzt handeln, weil die Biodiversität bedroht ist.

Sie sprechen von einer »tickenden Zeitbombe«.

Jetzt ist die Zeit der Sekundärnester, die im Unterschied zu den Gründungs- und den Primärnestern in einer Höhe von 10 bis 40 Metern angebracht sind und für die Bekämpfung deutlich schwieriger zu erreichen sind. Zwischen 700 und 900 Jungköniginnen schlüpfen aus einem einzigen Nest! Im Spätsommer gehen die Hornissen bevorzugt an die Bienenvölker als Beute.

Für den Menschen wird die Asiatische Hornisse dann gefährlich, wenn er sich unter zwei Metern einem Nest annähert. Ansonsten ist sie eher friedlich und defensiv.

Weil sie aber in Nestnähe in großer Anzahl auch über einen längeren Zeitraum angreift, potenziert sich die Anzahl der Stiche. In Spanien, Portugal und Frankreich mehren sich die Fälle von allergischer Reaktion auf Stiche durch die asiatische Hornisse.

Wie kann Abhilfe geschaffen werden?

Die Sichtung der Asiatischen Hornisse und ihrer Nester ist meldepflichtig. In Rheinland-Pfalz wird das über die obere Naturschutzbehörde geregelt. Mit dieser arbeite ich als Ehrenamtler zusammen - bis jetzt noch alleine, weil sich niemand findet, der einsteigen möchte. Es ist ja auch kein Schmetterlingsfangen.

Aufklärung ist das A und O. Deshalb informieren wir Feuerwehren und Einsatzkräfte von Rettungsdiensten. Wichtig für Hobby- und Landschaftsgärtner ist, bei Arbeiten im Außenbereich erst einmal zu checken, ob sich in Hecken oder auch in Erdnähe ein Nest befindet. Ist das der Fall, dann bitte nicht in Eigenregie handeln, sondern umgehend auf der Internetseite des Artenfinders melden.

Die Bekämpfung der Asiatischen Hornisse ist ja auch eine Frage des Geldes.

Die Beseitigung der Nester ist aufwendig und gefährlich. Zum Vergleich: 2022 hat die Regierung von Bordeaux 20 Millionen Euro zur Bekämpfung der Asia­tischen Hornisse ausgegeben. Noch wird die Maßnahme aus dem Topf des Umweltministeriums finanziert. Doch der Naturschutzbehörde fehlt Personal, um die Asiatische Hornisse nachhaltig zu bekämpfen.

Deshalb soll in absehbarer Zukunft der Grundstückseigentümer für die Beseitigung aufkommen. Ich befürchte, dass es dann weniger Sichtungsmeldungen geben wird bzw. Nester in Do-it-your-self-Manier unsachgemäß beseitigt und entsorgt werden. Oder dass erst gar nicht gehandelt wird. Das könnte eine explosionsartige und nicht mehr kontrollierbare Verbreitung noch beschleunigen.

Woran erkennt man die Asiatische Hornisse?

Von der heimischen Hornisse, die in weiten Teilen Deutschlands als gefährdet gilt, unterscheidet sie sich durch einen dunkleren Körper und die typischen gelben Füße.

Die Sekundärnester, die Ende Juli/Anfang August gebaut werden, sind vor allem in der laubfreien Zeit in Baumkronen gut zu erkennen. Sie haben die Größe eines Medizinballs und den Nesteingang an der Seite.

Interview: Edith Billigmann

 

Wissenswertes

Die japanischen Honigbienen haben ein Abwehrssystem gegen die Asiatische Hornisse entwickelt. Dabei stürzen sie sich blitzartig auf die Hornissenspäherin, umschließen sie und erhöhen durch Vibrieren der Flugmuskulatur ihre eigene Körpertemperatur. In der Hitzekugel mit einer inneren Temperatur von über 45 °C stirbt die Hornisse. Diesen Abwehrmechanismus hat die europäische Honigbiene leider noch nicht.

Die Bekämpfung der Asia­tischen Hornisse und deren Nester (Foto: privat) unterliegt der EU-Verordnung 1143/2014. Da sie sich in Deutschland in einer frühen Phase befindet, sind umgehende Maßnahmen zur Beseitigung verpflichtend. Auf Facebook berichtet Carsten Emser über wichtige aktuelle Entwicklungen: Asiatische Hornisse Großraum Trier


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