Stephanie Baumann

JVA Wittlich: Resozialisierung auf vier Pfoten

Wittlich. JVA Wittlich, Sicherheitsschleuse: Fay sitzt ruhig an der Leine und wartet. Die Mischlingshündin lässt ihre Besitzerin nicht aus den Augen. Auch Samojeden-Dame Esmi, Pudelrüde Esco und Labrador-Mix Franz wissen, dass es gleich losgeht - alles ausgebildete Sozialhunde, begleitet von ihren Besitzerinnen.

Die Sozialhündin Fay interagiert mit einem Strafgefangenen. In der Resozialisierung spielen Tiere eine wichtige Rolle, da sie helfen, Verantwortungsbewusstsein und Empathie zu fördern. Der Umgang unterstützt die persönliche Entwicklung und erleichtert die Rückkehr in die Gesellschaft.

Die Sozialhündin Fay interagiert mit einem Strafgefangenen. In der Resozialisierung spielen Tiere eine wichtige Rolle, da sie helfen, Verantwortungsbewusstsein und Empathie zu fördern. Der Umgang unterstützt die persönliche Entwicklung und erleichtert die Rückkehr in die Gesellschaft.

Bild: Niolas Leube

Als sich das Tor der Justizvollzugsanstalt für den tierischen Besuch öffnet, geht es unter den wachsamen Augen von Tiertrainerin und Verhaltensberaterin Britta Schönhofen in einer ordentlichen Reihe über das Anstaltsgelände zum Übungsplatz. Zehn Gefangene warten dort bereits gespannt auf eine ganz besondere Unterrichtsstunde. Hunde denken nicht in Schubladen - sie nehmen die Menschen urteilsfrei so, wie sie sind. Genau hier beginnt ein wichtiger Teil der Resozialisierung.


Einmal im Monat ist "Tag der tiergestützten Intervention" in der JVA Wittlich: Dann kommt Britta Schönhofen, Inhaberin der Hundeschule "Pfotenalarm" Wittlich, mit ihrem Team, um mit den Häftlingen zu arbeiten. Das Projekt hilft bei der Resozialisierung und erfreut sich großer Beliebtheit.

"Und, wer hat die Hundenamen vom letzten Mal behalten?" Die Antworten auf die Frage der Trainerin kommen prompt: "Franz, Fay, Esmi und Esco." Die zehn Häftlinge haben im Gefängnishof einen Kreis gebildet und nehmen Hundeleckerchen entgegen, die Britta Schönhofen verteilt. Dann heißt es für Fay: "Ab in die Mitte." Die Männer sollen die Mischlingshündin abrufen und belohnen, wenn sie kommt. "Ruhig, nett, motivierend und nur einmal", empfiehlt Britta. Fay reagiert schnell, und die Freude darüber ist den Männern anzusehen - sie genießen das direkte Erfolgserlebnis. Dabei lernen sie auch, wie wichtig die richtige Körpersprache des Menschen im Umgang mit den Vierbeinern ist.


"Das macht etwas mit den Männern"

Selbst sonst eher verschlossene Häftlinge seien beim Hundetraining entspannt, erklärt das Gefängnispersonal. "Das macht etwas mit den Männern", bestätigt eine Vollzugsbeamtin, die die kreativen Übungseinheiten schon seit einigen Monaten beobachtet. "Die Männer verändern sich, werden offener, helfen sich gegenseitig - eine wirklich tolle Entwicklung." Die Teilnehmer werden vom psychologischen Dienst der JVA ausgewählt. Sie dürfen zehn "Resozialisierungseinheiten mit Hund" absolvieren, dann ist eine neue Gruppe an der Reihe.


Lernen, Verantwortung zu übernehmen


Paul (Name geändert) ist schon zum wiederholten Mal dabei. "Ich hatte zu Hause auch einen Hund und kenne mich ein bisschen aus", sagt er stolz, während er Franz an der Leine führt. "Jedenfalls fühle ich mich Tage später noch gut." Was der stattliche Labrador-Rüde mit einem wachsamen Blick aus großen Hundeaugen quittiert, sieht auch tadellos aus. Gute Körperspannung, das richtige Signal, eine freundliche Stimme und die Aussicht auf eine Belohnung animieren den Hund zum perfekten Bei-Fuß-Gehen. Er "klebt" an Pauls Bein. "Sehr gut", lobt Britta. "Das ist ja fast schon Champions-League", bestätigt ein JVA-Beamter, der die Szene beobachtet und es schließlich auch selbst probiert. Das Resozialisierungsprojekt findet er toll. "So lernen die Gefangenen auch, wieder Verantwortung zu übernehmen."


Wieder in die Spur zurückfinden

 

Gefängnispfarrer Johannes Arnoldi ist an diesem Montag zum ersten Mal mit dabei auf dem JVA-Hof. "Persönliches Interesse", erklärt er. Schließlich kennt er sich nicht nur mit "Menschenschäfchen", sondern auch mit Fellnasen aus, da er privat selbst einen Rettungshund führt. "Resozialisierung ist wichtig und findet bei uns in der JVA ja auch in anderen Bereichen statt", erzählt er und hilft, Parcours-Equipment wie Bälle, Hütchen und Plastikbecher an den vier Trainingsstationen zu verteilen, an denen die Häftlinge sich abwechseln. "Zum Beispiel beim Sport oder in unserem Chor, der die Gottesdienste mitgestaltet. Das ehrenamtliche Engagement von Britta Schönhofen und ihrem Team finde ich jedenfalls großartig. Es könnte fast eine Therapie gegen Frust sein", fügt er hinzu. Außerdem würden Einfühlungsvermögen und Geduld trainiert. "Das Training hier hilft den Männern, wieder in die Spur zurückzufinden."


Andere Lösungs-Strategien kennenlernen


Es ist offensichtlich, dass die Insassen den Kontakt zu den Vierbeinern genießen und dabei offene, bedingungslose Zuneigung erfahren. "Ja", bestätigt Britta und hebt die vielen psychologischen, emotionalen und kognitiven Wirkungen der Interaktion zwischen Mensch und Hund hervor. Ihr Engagement in der JVA sei Herzensprojekt und Herausforderung zugleich: "Die Arbeit mit den Gefangenen macht viel Freude, und die Männer lernen andere Lösungsstrategien kennen als Gewalt. Mein Ziel ist eine Anerkennung zu erlangen, wie es sie in den Vereinigten Staaten bereits seit mehr als 20 Jahren gibt. Denn wenn wir auch nur bei einigen die Rückfallquote senken, dient dieser Zweig der Resozialisierungsarbeit letzten Endes auch der Sicherheit der Bevölkerung."

Auch Elena Deliargyris, stellvertretende JVA-Leiterin, lässt es sich nicht nehmen, das Training zu beobachten. Sie strahlt: "Ich bin Britta Schönhofen sehr dankbar. Die Einheiten der tiergestützten Intervention bedeuten einen Riesenaufwand für sie und ihr Team. Ihre Arbeit bringt so viel. Es ist fantastisch, was die Hunde bewirken. . ."


 

Britta Schönhofen - Zur Person:

Die Hunderzieherin und Verhaltensberaterin Britta Schönhofen steht seit 17 Jahren im Bereich Tiertraining für neue Impulse. In das Resozialisierungsprojekt der JVA hat sie auch ihre beiden Tinker-Pferde eingebunden, die mit Gefangenen im offenen Vollzug trainieren.

Sie hat einen überregional unvergleichbaren Lebensweg absolviert. Britta Schönhofen führt ihre eigene Hundeschule und ist für den Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater e.V. deutschlandweit als Prüferin für den Hundeführerschein tätig. Vor kurzem hat sie ihre Ausbildung zur staatlich zertifizierten Waldpädagogin erfolgreich abgeschlossen und verknüpft vor allem im Bereich der Ausbildung von Sozialhunden die Bereiche Tiertraining, Wald und Natur sowie Coaching.

2025 rücken die Waldpädagogik und deren viele Facetten weiter in den Vordergrund: Ein Naturcamp für alle Altersgruppen ist in Planung.

Beruflich steht Britta Schönhofen im Fokus, privat lebt sie zurückgezogen. "Mein Partner und ich sind beide selbstständig und haben Verständnis für lange Arbeitszeiten. Wenn nach einem anstrengenden Arbeitstag keine privaten oder gesellschaftlichen Verpflichtungen anstehen, sind die kostbarsten Momente, wenn wir gemeinsam kochen und lachen. Das bringt Kraft."

 


 www.pfotenalarm.de

 


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