gepostet von Julia Borsch

Eine Schulbank erzählt von früher ...

Region. Einen weiteren Beitrag in der Reihe "Eefeler Verzellcher" liefert Autor Joachim Schröder: wie es eine Schulbank aus einem Eifeler Gymnasium in ein privates Wohnhaus schaffte.

Eine Schulbank aus einem Eifeler Gymnasium. Heute findet sie in einem privaten Wohnhaus Platz.

Eine Schulbank aus einem Eifeler Gymnasium. Heute findet sie in einem privaten Wohnhaus Platz.

Bild: Archiv Joachim Schröder

Nun stehe ich schon 40 Jahre ungenutzt in einem Keller, naja - nicht ganz. Immerhin habe ich noch einen Altersjob gefunden im musealen Bereich. Ich darf seit meiner Pensionierung alte Bücher, Zeichnungen und Dokumente stemmen. Besser als dass ich in der Scheuer stünde oder längst zu Asche im Kohleofen verfallen wäre!
Doch von vorne: Geboren wurde ich in einer Schreinerwerkstatt, in guter echter Handarbeit gefertigt, ich entstamme keiner Serienproduktion. Wie alle meine Kameraden schuf mich ein professioneller Meister, der dazu massives Eichenholz aus der Westeifel verwendete.


Im Prinzip bestehe ich aus vier Teilen: der Sitzbank, der erhöhten Schreibbank, der Rückenlehne und der Fußbank. Aus diesen vier Elementen bin ich zu einer Einheit zusammengefügt. Die Schreibfläche enthält mittig vorne das blecherne Tintengefäß und eine Rille zum Ablegen der Stifte. In Zahlen ausgedrückt: Höhe der Sitzbank: 60 cm, Höhe mit Rückenlehne: 98 cm, Höhe der Schreibfläche. 90 bis 94 cm (leicht schräg), Höhe der Fußbretter: 16 cm, Tiefe der gesamten Konstruktion 70 cm, Gewicht ca. 40 Kilo. Somit kann man sagen, dass mein Körper rund einen Quadratmeter Fläche einnahm.
Mit 16 weiteren Mitbänken stand ich im kahlen Klassenraum, der recht spartanisch war, als ich hier einzog. Eher kühl war es, nicht richtig hell, kein Schmuck - nur eine Weltkarte, eine Tafel und ein Kreuz befanden sich an den Wänden. Und vorne natürlich das Podium mit dem erhöhten Lehrerpult, das regelrecht Angst einflößte. Ach ja - da war ja auch noch der berüchtigte Haselnussstock hinter der Rolltafel.
Als Bankeinheit nahm ich zwei Schüler auf, die recht sparsam mit dem knappen Platz umgehen mussten, um Rücksicht zu nehmen. Auf der Schreibfläche lagen die jeweils benutzten Bücher, das Schreib- und Malmaterial, manchmal Tinte und Federhalter und das Zirkelmäppchen.


Es war 1946, als ich in einem Gymnasium meinen ersten und letzten Schulbankplatz einnahm. Einige Schülergenerationen habe ich durch ihr bewegtes Schulleben begleitet, den Schreiber dieser Zeilen von 1960 bis 1969. Vielleicht hatte ich ja sogar Anteil an manch gutem Abschluss inklusive Abitur, darauf kann ich gewiss stolz sein.
Bei einer Sanierung der alten Schule wurde unsere Bankgeneration in den 70er Jahren ausgemustert und zu(un)gunsten neuer Fabrikbänke und Stühle ausgetauscht. Zum Glück nahm mich ein Museumsmensch in Gewahrsam, so dass ich heute, mitten im privaten Wohnhaus, noch einen respektierten Platz einnehme.

 

Text: Joachim Schröder

 


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