gepostet von Julia Borsch

"Dat aal Baakes"

Region. Einen neuen Beitrag in der Reihe "Eefeler Verzellcher" liefert Autor Joachim Schröder. Heute: Die historischen Backstuben in der Eifel.

"Dat aal Baakes" - die alte Backstube in der historischen Eifel

"Dat aal Baakes" - die alte Backstube in der historischen Eifel

Bild: Archiv, Joachim Schröder

Als Brotgetreide wurden in der gesamten Eifel Weizen und Roggen - beides konnte auch vermischt werden als Winterfrucht- im Herbst gesät. Bis in die 40er Jahre wurde mit der Hand geerntet: der Bauer mähte, die Bäuerin nahm die Halme zu Garben auf und die Kinder legten Halme, die als "Seile" dienten aus. Dann wurden die Garben gebunden und zu Kasten aufgerichtet. War die Frucht trocken, wurden die Garben mit dem Leiterwagen in die heimische Scheune gefahren. Hierzu machten sich Pferde, Ochsen oder Kühe nutzbar. Die Frucht wurde mit Dreschflegeln gedroschen, später mit Maschinen. Anschließend wurde sie auf dem Speicher gelagert, ehe sie in den verschiedenen Mühlen - fast jedes Taldorf hatte eine solche - verarbeitet wurde.


Jedes Bauernhaus besaß früher einen steinernen Backofen, meistens in der Küche, seltener in einem besonderen "Baakes" (Backhaus). In anderen Regionen des Rheinlandes gab es auch die Form des "Gemeindebackens" in einem öffentlichen Backofen. Eine solche Einrichtung konnte rentabler und sparsamer arbeiten, da das Brennholz besser genutzt werden konnte und die Brandgefahr geringer gehalten werden konnte. Derlei Einrichtungen wurden vom Gesetzgeber unterstützt und beispielsweise an der Ahr vorgeschrieben. Die Errichtung eines guten Backofens setzte große Erfahrung voraus, so dass nicht selten auswärtige Ofensetzer - das war ein regelrechter Beruf- herangezogen wurden. Die Kunst des Gewölbebaus ohne Fugen und die Beschaffung des notwendigen Tuffsteines besorgten eifelweit bekannte Backofenbauer aus Bell bei Mayen oder Königswinter.


Alle Haushalte innerhalb der Gemeinden besaßen Backrecht. Damit die Abläufe gut funktionierten, waren besondere Absprachen vonnöten und streng einzuhalten. So kam jede Familie im Monat zwei- oder dreimal zum Gemeindebaakes, wo die Arbeit in acht Stunden abgeschlossen sein musste. Die Backfolge musste jede Woche neu bestimmt werden, um Ungerechtigkeiten auszugleichen, mancherorts gab es unter Aufsicht des Gemeindedieners auch eine Auslosung.


Wichtig für die Teigbereitung war vor allem das richtige Mischungsverhältnis von Mehl, Salz, Wasser und Sauerteig. Der Sauerteig, in der Eifel "Damp" genannt, bestand aus dem Restteig vom vorigen Backvorgang, der in der "Mohl", einer Mulde im Esstisch, aufbewahrt wurde.
Damit die Gärung in Gang kam, goss man lauwarmes Wasser auf den Sauerteig, teilweise wurde auch Buttermilch verwandt. Diese Masse vermischte man mit Mehl zu einem Brei , der anschließend fünf bis sechs Stunden "gehen musste". Der Brotteig musste sodann gründlich durchgearbeitet werden, um ein gleichmäßig durchgebackenes Brot ohne Klümpchenbildung zu erhalten. Dieses Kneten war Schwerstarbeit und dauerte bei Graubrotteig bis zu 1 1/2, bei Schwarzbrotteig bis zu drei Stunden. Um mehr Masse zu erhalten, wurde der Teig nicht selten mit Erbsen, Bohnen und kleingedrückten Kartoffeln" gelängt". Dies hatte auch den Vorteil, dass das Brot nicht so schnell erhärtete. Abschließend wurde der Teig in bestimmte Portionen geteilt und in die "Kurbeln" gelegt.


Nunmehr wurde der Ofen mit Reisigbündeln, in der Eifel "Schanzen" genannt, angeheizt. eine gute zeitliche Abstimmung war wichtig für den Backvorgang, denn die richtige Temperatur und das zeitgleiche Aufgehen des Teiges mussten übereinstimmen, Ansonsten verbrannte die Oberfläche des Brotes oder es wurde inwendig nicht vollständig ausgebacken. Die richtige Ofentemperatur konnte der erfahrene "Bäcker" an der Farbe der Steine im Ofeninnern erkennen. In der Regel waren fünf bis sechs Schanzen für einen Backvorgang nötig.


Das "Einschießen" der Brote erforderte eine gewisse Geschicklichkeit, denn die Laibe wurden in Querreihen auf die "Schess" gelegt, platzsparend, aber nicht zu eng, um ein Zusammenbacken zu vermeiden. Um die Brote verschiedener Familien auseinanderhalten zu können, versah man sie mit bestimmten Kennzeichen ("Brotzeichen") wie Löchern, Längs- und Querstrichen.
Gewisse Glaubens- und Brauchhandlungen begleiteten den Backvorgang. Für den gläubigen Eifelbauern lag das Gelingen in Gottes Hand, und so wurde während des Backens gebetet. Außerdem ist überliefert, dass man dem Teig ein Kreuzzeichen eindrückte. Das letzte Brot, das in den Ofen kam, erhielt vier "Eindrücke" in Kreuzform. Es wurde "Kreuzbrot" genannt und sollte besonderen Schutz bieten im bäuerlichen Alltag.


Voller Spannung war die Zeit des Wartens, bis das Brot "ausgetan" wurde. Die Zeit wurde auch überbrückt mit Schätzchenhalten und Spiel, weil sich Angehörige der Familien einfanden und kommunizierten. So wurde das Backhaus zu einem besonderen Treffpunkt im Dorf, wo stets das neueste ausgetauscht und manch "Kall" gehalten wurde. Für Frauen war dieser Treff besonders wichtig, kamen diese doch selten im Wirtshaus oder auf dem Dorfplatz mit ihresgleichen zusammen.


Wenn dann der Ofen geöffnet wurde, erfüllte der frische Brotduft das ganze Haus. Die Brote wurden herausgenommen, abgewischt und einzeln zum Auskühlen aufgestellt. Danach gelangten sie in eine Truhe oder in einen Schrank. Die Restwärme des Ofens wurde sodann genutzt, um "Tort" zu backen, besonders vor Sonn- und Feiertagen. im Herbst wurde zudem Obst gedörrt, auch Flachs und Hanf. Hier und das wurde die Gelegenheit wahrgenommen, geformte, in Wasser gelegte hölzerne Arbeitsgeräte wie Stiele im Ofen "hart zumachen" oder sogar Wäsche zu trocknen, die in den Wintermonaten klamm geworden war.
Das Brotbacken wurde in der Eifel bis in die 5oer Jahre betrieben. Dann wurde im rasanten Tempo der Brotkauf üblich. Das Zurückgehen der Landwirtschaft, die Aufgabe des Prinzips "Selbstversorgung" und eine neue Mentalität sind wohl die wichtigsten Gründe. Leider fielen die Backhäuser dem Abrisskran zum Ofer, nur hier und da erinnert noch ein "Baakes" an die alte Tradition.

 

Textauszug aus den "Eefeler Verzellcher"
Joachim Schröder


 


Meistgelesen