Das treue Vieh in der historischen Eifel
Nach mittelalterlichen Quellen war die Schweinezucht der wichtigste Zweig der Viehwirtschaft. Fast jeder Bauer beschäftigte sich mit der Zucht. Die Deckung des häuslichen Fleischbedarfs und ein gewinnbringender Handel war das Ziel der Schweinezucht. Besonders bei den kleinen mittelbäuerlichen Betrieben spielte sie eine große Rolle, da Haltung und Fütterung billig waren. Sechs bis neun Wochen alte Ferkel wurden von hausierenden Händlern aufgekauft und im "Niederland" (Niederrheingebiet) abgesetzt.
Am besten gedieh die große, hochbeinige, langhaarige Landrasse, das Eifeler Landschwein. Schweinefleisch war in der Eifel äußerst beliebt, was folgende Zahlen belegen: Im Altkreis Prüm gab es im Jahre 1828 4998, im Jahre 1911 schon 15.142 und 1958 insgesamt 28.018 Stück Schweine.
Bis in das 19. Jahrhundert war in der Eifel die Waldmästung üblich. Schweinehirten, die von der Gemeinde eingestellt waren, hüteten die Tiere und führten sie durch die Wälder, wo sie sich von den ölhaltigen, nahrhaften Bucheckern, Eicheln, Wurzeln und Bodeninsekten ernährten. Ihre Widerstandskraft war so groß, dass sie den ganzen Winter im Wald bleiben konnten und dem Eifelwinter trotzten. Die Waldgröße wurde nach der Zahl der zu mästenden Schweine angegeben. Seit den mittelalterlichen Rodungen ging die Waldweide immer mehr zurück, stattdessen setzte sich die Stallhaltung durch. Durch die Intensivierung des Kartoffel- und Getreideanbaus war eine gute Vorbedingung für eine Stallmast gegeben. Getreideschrot, Kleie, Magermilch und gekochte Kartoffeln standen nunmehr auf dem Speiseplan der Tiere.
Mit fortschreitender Erweiterung der Ödländereien wurde in zunehmendem Maße die auf Fleisch und Wolle gerichtete Schafzucht ein wichtiger Zweig der Viehhaltung. Caesarius erwähnt bereits 1222 für das westliche Eifelland große Schafherden. Im 14. Jahrhundert erlebte die Schafzucht - zumeist war es die Schwarzkopf-Schafrasse - eine Blütezeit, worauf die ständig herrschenden Streitereien um das Weiderecht hinweisen.
Jedes Dorf hatte mehrere große Herden von 200 bis 500 Stück, die auf Brachweiden, Trockenrasen und Heideflächen ausreichend Weide vorfanden. Der an Schafen reichste Eifelkreis war der Kreis Prüm mit 54.000 Tieren im Jahre 1828. Hier waren es einzelne Schafe in den bäuerlichen Betrieben, aber auch einige Großherden, die die Ödländereien der weiten Umgebung abgrasten. Der Schäferhirt führte dabei seinen Karren mit, in dem er übernachtete.
Mit der Intensivierung der Landwirtschaft, insbesondere mit der Nutzbarmachung brachliegender Ödländer sowie einsetzender Aufforstungen, wurde den Schafen größtenteils die Weidegrundlage entzogen. Der Verfall der Wollpreise tat ein übriges. 1958 gab es im Altkreis Prüm nur noch 1827 Tiere. Vergeblich versuchte man durch Einführung neuer veredelter Rassen den Rückgang aufzuhalten.
In gleicher Weise, wie die Schafzucht zurückging, entfaltete sich die Rindviehhaltung. Als Rasse herrschte weitgehend das einfarbige Glan - Donnersberger Höhenvieh vor, das Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Pfalz eingeführt worden war. Das Höhenrind der Glan-Rasse war genügsam, legte weite Strecken als Zugvieh zurück und überwand die Steigungen an den Eifeler Bergen. Trotz oft mangelnder Pflege und mittelmäßiger Ernährung erreichte es eine gute Milch- und Fettleistung. Für den Kleinbesitz war es neben dem Milchlieferanten ein wichtiges Arbeitstier, da es hier kaum Pferdegespanne gab. Kleine Betriebsgrößen, kleine Parzellen, große Höhenunterschiede, die bergigen Wiesen und die Nebenerwerbstätigkeiten der Kleinbauern waren die Ursache für die starke Verwendung der Kuh als Zugtier. Pferde- und Kuhanspannung wurden ergänzt durch Ochsen, die als Zugochsen im eigenen Betrieb aufgezogen werden konnten und nach der Mästung in den Wintermonaten einen guten Fleischpreis abgaben.
Die Aufzucht war ein wichtiges Ziel des Bauern, die Mästung dagegen untergeordnet. Die Aufzucht von Jungvieh erwies sich in allen Teilen der Eifel als rentabel, besonders in den Grünlandgebieten der Nord- und Zentraleifel. Besondere Förderung erfuhr die Viehzucht durch den Staat und landwirtschaftliche Vereine. Seit den 50er Jahren ist die Milchverwertung mehr und mehr das Ziel der Eifelbauern, was zu einer Änderung der Zuchtausrichtung zum rotbunten Niederungsvieh führte. In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgten die ersten Molkereigründungen.
Die Pferdezucht kann in der Eifel auf eine große Vergangenheit zurückblicken. Die Größe der landwirtschaftlichen Nutzflächen machte Pferde als Zugtiere unentbehrlich. Allgemein eingeführt war das rheinisch-belgische Kaltblut, eine Kreuzung zwischen dem Eifeler Landpferd mit der belgischen Rasse. Die Pferdedichte war dort besonders groß, wo schwere Tonböden ein zugkräftiges, ausdauerndes Tier verlangten. Leichtere Sandböden ermöglichten die Einführung des norwegischen Fjordpferdes und des Oldenburger Landblutpferdes, die futtergenügsam, aber leistungsfähig waren. Darüber hinaus waren sie nicht so schwerfällig, sondern "gängiger" und beweglicher in den Bergregionen. Mit der fortgeschrittenen Technisierung und Automatisierung in der Landwirtschaft ging der Bedarf an Pferden rasant zurück.
Als "Kuh des kleinen Mannes" war die Ziege besonders in solchen Dörfern beliebt, wo Handwerker, Arbeiter und Tagelöhner wohnten und für den Eigenbedarf Milch und Fleisch benötigten. Vielfach hielt man auch Ziegen zur Aufzucht der Ferkel durch die vorzügliche Milch. Deutsche und Schweizer Edel- und Saanenziegen gewährleisteten den besten Erfolg.
Geflügel, besonders Hühner, kannte jeder Bauernhof. Die Eiererträge waren jedoch immer gering, wohl weil die Vorkenntnisse bezüglich der Züchtung und Haltung fehlten. Gewisse Hühnerarten dienten zur Mast, wie das Minorkahuhn. Auf größeren Gehöften hielt man Truthühner zum Ausbrüten der Hühnereier, Enten und Gänse fand man vor allem an wasserreichen Stellen; so hatten die Müller verstärkt dieses Federvieh, wohl auch wegen der Abfälle an Korn, Kleie und Schrot.
Die Verbreitung der Bienenzucht war nur sehr begrenzt. Vielerorts fehlten die Voraussetzungen: Heide und Ödland, der rötlich blühende Buchweizen ließen nur eine schlechte Tracht erwarten. Einen Ausgleich schuf man teils durch den Anbau verschiedener Kleearten wie Steinklee oder Esparsette. Eisenbahndämme, Obststreuwiesen und Lindenbäume boten nur unzureichende Möglichkeiten für eine gute Bienenweide. Bienenzuchtvereine schufen genauso wie Geflügelzuchtstationen nur vorübergehend eine Verbesserung der Lage.
An Klöstern und Burgen gab es seit frühester Zeit die Fischzucht. Zahlreiche Gewässer der Eifel boten hierfür eine günstige Voraussetzung. Gewerblich - als Zubrot - waren es vor allem Müller, die sich dieser Aufgabe widmeten. Vorzugweise wurden Forellen gezüchtet, die man an Krankenanstalten, Kur- und Wirtshäuser verkaufte.
Abschließend kann man feststellen, dass der Bauer alles für sein Vieh tat. "Erst die Tiere, dann die Familie" - dieser Ausspruch verrät viel über das Denken. Für den Schutz, die Pflege und die gesunde Fütterung wandte der Landmann viel Zeit auf. Zahlreiche Brauchhandlungen, die hier nicht erwähnt werden können, dienen dem Anliegen, dem Vieh Schutz zu bieten vor Anfeindungen, vor Blitz und Krankheit. Auch abergläubische Abwehrmaßnahmen hatten immer ihren Platz im Stall und auf der Weide. Religiöse Elemente wie das Anbringen von Palm- und Kräuterzweigen, das Beträufeln mit Lichtmesswachs oder Tiersegnungen (besonders Pferdesegnungen sind heute wieder "in") spielten eine wichtige Rolle. Das Vieh war nicht nur die Existenzgrundlage, sondern auch "Kamerad und Freund", wie es ein Bauer ausdrückte. Diese Haltung konnte man im Alltag spüren, wenn etwa die Kühe gebürstet wurden, um das Fell zu glätten und Ungeziefer zu entfernen.
Auszug aus den Eefeler Verzellcher
Text: Joachim Schröder