"Wir reden nicht, wir machen"
Simmerath (Fö). »Das Handwerk redet nicht nur – es macht.« Mit diesen Worten eröffnete Präsident Marco Herwartz die Herbst-Vollversammlung der Handwerkskammer Aachen, zu der man in Simmerath zusammen gekommen war. Das »Parlament des Handwerks« widmete sich bei seiner Sitzung im Bildungszentrum BGZ den zentralen Herausforderungen der Branche, von politischen Unsicherheiten über Bildungsförderung bis hin zur Integration im Handwerk. Herwartz appellierte eindringlich an die Politik, dringend notwendige Stabilität und Planungssicherheit für die Betriebe zu schaffen. »Ein politisches Patt darf nicht zum Standortrisiko werden«, mahnte der Handwerkspräsident mit Blick auf die aktuelle Krise der Bundesregierung. »Unsere Betriebe brauchen klare Entscheidungen und eine handlungsfähige Regierung, um sich in unsicheren Zeiten behaupten zu können.« Zugleich warb er bei den Handwerkern darum, sich politisch zu engagieren: »Lehrer und Juristen wissen nicht, was wir brauchen«, konnte sich Harwertz zu den akademisch geprägten Bundes- und Landtagen nicht verkneifen.
Handwerk tragende Säule der Wirtschaft
Herwartz verwies auf die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Aachen, die zeigen, dass insbesondere das Bauhauptgewerbe unter sinkenden Aufträgen leidet. Dennoch bleibt das Handwerk eine stabile Stütze der regionalen Wirtschaft. »Unsere Konjunkturumfragen geben uns die nötigen Daten, um gezielt zu handeln und gegenüber Politik und Verwaltung mit einer starken Stimme aufzutreten«, so Herwartz. Immerhin bewerten noch 81 Prozent der Handwerksbetriebe die Geschäftslage als gut (2023: 85%), die Auftragslage ist weniger rosig (66 Prozent »gut«, 2023: 70%). Dabei trifft den Hochbau die Krise hart, während die Klimaberufe weiter boomen. »Wir machen 750 Milliarden Euro Umsatz im Jahr, die Autobranche 180 Milliarden Euro. Darüber sollte die Politik nachdenken, wenn sie wieder einmal eine Branche unterstützt und andere hängen lässt.
Positiv bewertete er die geplante Erhöhung der Meistergründungsprämie von 10.500 auf 11.500 Euro, um junge Meister bei ihrem Start in die Selbstständigkeit zu unterstützen: »Das ist ein Schritt in Richtung Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung.« Gleichzeitig kritisierte er, dass Meister-Stipendien, die die Kreise Düren und Euskirchen vergeben, künftig mit dem Aufstiegs-BAföG verrechnet werden sollen: »Das ist ein bürokratischer Rückschritt, der wieder einmal zeigt, dass die Vereinfachung von Vorschriften noch in weiter Ferne liegt.«
Ein weiteres Schwerpunktthema war die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ins Handwerk. »Das Handwerk baut Brücken zwischen Kulturen und zeigt, wie Integration gelingt – durch Engagement, Vielfalt und klare Werte«, so Herwartz. Ab Januar 2025 tritt das neue Validierungsgesetz in Kraft. Es ermöglicht Menschen ohne formalen Abschluss, ihre Berufserfahrung anerkennen zu lassen. Herwartz: »Das Gesetz eröffnet neue Perspektiven und zeigt, dass berufliche Kompetenz anerkannt wird – ein wichtiger Schritt für die Fachkräftesicherung.«
Zum Abschluss der Vollversammlung lud Marco Herwartz die Betriebe ein, sich aktiv an den Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen der Handwerkskammer im kommenden Jahr zu beteiligen. Mit Aktionen wie der Handwerksstraße beim CHIO und neuen Formaten wie dem »Schoolcrafter«-Bus sollen die Stärken des Handwerks noch sichtbarer gemacht werden.