Thomas Förster

Urftstaumauer wird saniert

Urftsee. Es sind Folgen der Flut, aber nicht nur, die eine umfangreiche Sanierung der Urftstaumauer nötig machen - die Arbeiten dauern bis Ende Januar.

Gerrit Jaspers hat die Bauleitung auf der Urftstaumauer.

Gerrit Jaspers hat die Bauleitung auf der Urftstaumauer.

Bild: Berthold Strauch

 

Urftsee (BS). Inmitten prächtiger Naturidylle des Nationalparks Eifel tut sich plötzlich eine Großbaustelle auf. Ein mächtiger Kran ragt aus der bewaldeten Landschaft in den bedeckten Himmel. Er kratzt schon fast an den tiefhängenden Wolken. Etwa auf halber Strecke der an ihrer Krone 226 Meter langen Staumauer der Urfttalsperre hat sich ein Bautrupp aus dem Sauerland breitgemacht. Aus Kirchhundem kommt die Firma Fels- und Forstservice Kühr (FFK), die einen Spezialauftrag zu erfüllen hat. Es handelt sich um Sicherungsmaßnahmen nach Flutschäden an einem großflächig abgeschwemmten Hang. Diese Arbeiten hat der Talsperren-Eigentümer, der Wasserverband Eifel-Rur (WVER), in Auftrag gegeben. Der Verband macht nachdrücklich klar, dass zu keiner Zeit die Standfestigkeit des Damms gefährdet gewesen sei. Wegen schlechter Witterung verzögert sich der Abschluss der Maßnahme noch weiter als zuletzt geplant.

Die Urfttalsperre stammt aus dem Jahre 1905, entwickelt und gebaut vom legendären RWTH-Professor Otto Intze. Sie ist die älteste innerhalb der attraktiven Eifeler Seenplatte, einem miteinander verknüpften Verbundsystem mehrerer Speicherbecken. Von Rurberg und auch von Gemünd aus ist die Mauer zwischen Urft- und Obersee bequem auf gut ausgebauten Wanderwegen zu erreichen, auch von Einruhr aus.

Spaziergänger, Radsportler und andere Passanten sind im Bereich dieser Baustelle, entgegen sonstiger Gepflogenheiten bei solchen Bauprojekten, durchaus gern gesehen. Damit sie auf dem beliebten Wanderweg, der über die Staumauer führt, nicht am Bauzaun hängenbleiben und ausgesperrt werden, wurde eigens eine stabile Treppenanlage zusammengeschraubt. Sie verfügt über einen besonderen Clou: Das sind zwei rostfarbene Stahlträger. Sie sollen es insbesondere Fahrrad- und E-Bike-Fahrern erleichtern, ihre teils schweren Zweiräder über dieses Hindernis zu bringen. Beim Rauf- und Runtergehen können sie problemlos entlang dieser Art Schiene über die je Seite elf Stufen geschoben werden. Selbst mit Kinderwagen dürfte es ein Leichtes sein, hier voranzukommen. Also vielleicht ein Familien-Ausflugstipp fürs Wochenende...

Stahlmatten für

freigelegten Felsen

Was hier auf der Staumauer – oder hauptsächlich vielmehr unterhalb davon – vor sich geht, kann Gerrit Jaspers im mollig temperierten Baucontainer freundlich und beredt erklären. Er ist Bauleiter bei FFK und für die Umsetzung der Arbeiten verantwortlich. Es ist ein umfangreiches Sanierungsprojekt. Als die Urfttalsperre im Juli 2021 die hineinströmenden Regenmassen nicht mehr fassen konnte, traten zunächst die eigens gebauten, weiß gestrichenen Überlaufröhren in Funktion. Das sind stabile Halbkreise aus Beton oder, wie der Fachmann weiß, so genannte »Einlauftassen« der Hochwasser-Entlastungsanlage. Das Wasser stieg über deren Ränder und stürzte über die insgesamt 33 treppenartigen Kaskaden auf der anderen Seite der Staumauer in die Tiefe und somit in den Obersee. »Weil das Wasser über die Treppenstufen des Kaskadenhangs fließt, baut es seine Energie ab und trifft nicht mit voller Wucht auf den Untergrund«, klärt WVER-Pressesprecher Marcus Seiler auf Anfrage auf. »Dies könnte sonst Ausspülungen verursachen, die dann in der Tat irgendwann den Felskörper in Mitleidenschaft ziehen könnten«, fügt Seiler an.

Das Wasser überstieg für kurze Zeit auch noch die Dammkrone und floss entlang der schrägen Erdbefestigung auf der »Luftseite« Richtung Einruhr – aus Fließrichtung der Urft betrachtet auf der linken Dammseite – wie auf einer Rutschbahn herab. Dabei wurde Bodenmaterial auf der Reise in die Tiefe des Obersees mitgerissen. Allerdings sei nur »eine geringe Wassermenge in Höhe weniger Zentimeter kurzzeitig über die Mauerkrone selbst geflossen«, sagt Seiler. Diese Wassermenge sei nicht so groß gewesen, dass sie Uferböschungen »weggerissen« hätte. »Der Fels selbst wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen«, fügt er an. Und Jana Wirtz präzisiert: »Lediglich loses Bodenmaterial wurde im Hang abgetragen, das ebenso durch einen Starkregen hätte verursacht werden können«, versichert die Projektleiterin für Planung, Bau und Tragsicherheit beim WVER in Düren.

Laut Jana Wirtz verzögere sich die Fertigstellung der Baumaßnahme zur Hangsicherung »witterungsbedingt und wird voraussichtlich erst Ende Januar abgeschlossen werden können«. Ursprünglich war von einer Fertigstellung bis Ende November 2024 die Rede gewesen. Die Maßnahme sei aber erst später als geplant begonnen worden, aktualisiert Bauleiter Gerrit Jaspers den Zeitplan. Wegen des teilweisen Dauerregens und der frostigen Temperaturen habe das Auftragen des Spritzbetons mehr Zeit in Anspruch nehmen müssen. Nach der Weihnachtspause sind die Arbeiten am 6. Januar wieder aufgenommen worden.

Um die Stabilität des Stauwerks dauerhaft zu gewährleisten, wurden mit Spezialbohrgerät insgesamt 56 Löcher mit einem Durchmesser von jeweils 90 Millimetern in den Hang getrieben. Darin wurde die entsprechende Zahl von stabilen, überdimensionalen Nägeln im Fels versenkt. An diesen Stützelementen wurden jede Menge Stahlmatten befestigt, wie man sie auch bei der Deckenarmierung in Neubauhäusern kennt. Darauf wird dann iene feuchte Betonmasse verteilt. Der durch das Wasser freigelegte Felsen solle »für die kommenden Jahrzehnte sowohl vor natürlicher Verwitterung als auch vor durch Starkregen verursachte Verwitterung langfristig geschützt werden«.


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