Tanja und Frank Wirtz haben vor 17 Jahren einen Hofladen eröffnet und damit Pionierarbeit geleistet. Nun müssen sie schließen, weil ihre Bioprodukte nicht mehr genügend Kunden anzieht - oder aber die Konkurrenz günstiger ist.
Tanja Wirtz stehen die Tränen in den Augen. Es fällt ihr nicht leicht, das Steckenborner Hoflädchen aufzugeben. Mit viel Herzblut hat sie das kleine Geschäft aufgebaut, das seinen Kunden einen direkten Blick auf den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Wirtz gewährt. Dort grasen die Rinder und picken die Hühner, die Fleisch oder Eier für den Verkauf liefern. »Wir haben die großartigsten Kunden und die besten Mitarbeiter - dennoch reicht das nicht aus, um unsere Existenz zu sichern«, bedauern Tanja und Frank Wirtz. Gerade die Tatsache, dass »Bioland«, der führende Verband für ökologischen Landbau, dem der Steckenborner Biohof bis zum Jahresbeginn angehörte, seine Waren seit einem Jahr auch über Discounter vertreibt, sei der Sargnagel für den kleinen Familienbetrieb gewesen.
Discounter unter Einkaufspreis
»Die bieten dort Preise, zu denen wir noch nicht einmal einkaufen können«, rechnet Frank Wirtz vor. Auch im Bio-Segment habe der Faktor »Masse« der Qualität längst den Rang abgelaufen. Da könne man mit 80 Mutterkühen und rund 300 Hühnern nicht mithalten.
Dabei hatte alles so schön angefangen. Als Anfang der 2000er Jahre die Nachfrage nach Bio und regionalen Produkten stetig stieg, entschieden sich die frischgebackenen Eltern dazu, ihr Fleisch kundenspezifischer zu vermarkten. »Bis dahin gab es nach der Schlachtung für unsere Kunden Fleischpakete über 20 Kilogramm - 2003 dann stellten wir auf kleinere Mengen um.« Es dauerte nicht lange und schon entstand ein 60 Quadratmeter großes Ladenlokal am Ortseingang von Steckenborn; im Untergeschoss wurden Räumlichkeiten für das Zerlegen und Portionieren geschlachteter, eigener Tiere geschaffen. »Das Geschäft lief einige Jahre sehr gut, wir hatten zwischenzeitlich sechs Mitarbeiter und immer mehr Kunden«, erinnert sich Tanja Wirtz. Doch die Konkurrenz der Discounter sorgte dafür, dass die Kunden weniger wurden oder nur spezielle Produkte nachfragten, die es sonst nirgends gibt.
Verkauf bis 21. März
»Viele treue Kunden waren geschockt und haben Hilfe angeboten. Aber es reicht einfach nicht mehr«, ist Tanja Wirtz enttäuscht. Viele Vorschriften und Auflagen, neue Kassensysteme und Schlachtungskosten, mit denen man nicht konkurrieren könne, tun ihr Übriges.
Bis zur Schließung gibt es das Biofleisch und Wurstsortiment (außer Rind) aus dem Hause Wirtz wie gewohnt und natürlich frisches Bio-Obst, Gemüse und Molkerei-Produkte. Das Trockenproduktesortiment wird ab sofort abverkauft. Der letzte Verkaufstag ist Samstag, 21. März.
Info über Schlachtung
Ab April wird Tanja Wirtz an ihre Kunden Newsletter verschicken, um auf Schlachtungstermine hinzuweisen.
Dann kann man per Mail seine Bestellungen für Rindfleisch, Suppenhühner, Bruderhähne und Lammfleisch aufgeben - solange der Vorrat reicht.
Oder man füllt den Bestellzettel im kleinen Eierhäuschen vor dem Hof der Familie Wirtz in Steckenborn aus. Und nimmt gleich ein Paket frischer Bioeier mit, die im selbst gebauten »Mobilhome« von den Hühnern gelegt wurden.