Mit Stammzellen Leben retten
Region. Als er sich vor vierzehn Jahren hat typisieren lassen, hat Michael Durach nicht damit gerechnet, dass er womöglich mal ein Leben retten wird. „Meine Mutter hatte mich zu einer Typisierungsaktion für ein an Blutkrebs erkranktes Mädchen mitgenommen. Das war in einer alten Schule in der Eifel. An der damaligen Aktion haben sich sehr viele Menschen beteiligt“, erinnert sich Durach. Er arbeitet bei der StädteRegion Aachen in der Stabsstelle Wirtschaftliche Beteiligungen und Zentrales Controlling. Damals kam er nicht als Spender in Frage. Aber jetzt, vierzehn Jahre später, kann er einem anderen Menschen das Leben retten.
„Als der Brief von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) kam, dass ich als Spender für eine an Blutkrebs erkrankte Person in Frage komme, habe ich mich sehr gefreut. Mir war schon immer klar, dass ich helfen werde, wenn ich die Möglichkeit bekomme“, erklärt Durach. Direkt nach Erhalt der Anfrage hat er die nötigen Blutproben in einer Arztpraxis entnehmen lassen und an die DKMS zurückgeschickt. Danach musste er sich Voruntersuchungen in einer Klinik unterziehen. „So wurde u.a. meine Bauchspeicheldrüse, Leber, Milz, Hauptschlagader und vieles mehr überprüft. Natürlich wurde auch wieder einiges an Blut abgenommen, ich habe ein EKG bekommen und musste eine Urinprobe abgeben. In einem Arztgespräch wurde mir nochmal alles genau erklärt und ich konnte Fragen stellen. Ich durfte mir auch schon den Raum ansehen, in dem die Spende durchgeführt wird und mich mit einer Person unterhalten, die gerade gespendet hat. Das hat mir sehr bei meiner Entscheidung geholfen“, schildert Michael Durach.
In seinem Fall war keine Knochenmarkspende, sondern eine Blutstammzellspende nötig. Diese sogenannte periphere Stammzellentnahme kommt derzeit mit circa 90 Prozent am häufigsten zum Einsatz, heißt es von der DKMS. Die Stammzellen werden über ein spezielles Verfahren (Apherese) aus dem Blut gewonnen. Dabei wird jeweils ein Zugang in beide Armvenen gelegt, wie bei einer Blutspende. Bis eine Woche vorher konnte sich Michael Durach noch umentscheiden, dann musste er die endgültige Entscheidung treffen. Denn die empfangende Person startet immer eine Woche vorher mit einer Chemotherapie und wird auf die Spende vorbereitet. Das Immunsystem wird dabei komplett heruntergefahren, damit der Körper möglichst wenig Kraft hat, um die Stammzellen abzustoßen. Auch für Michael Durach begann dann die heiße Phase. „Ich musste mir vier Tage vorher zweimal am Tag ein Mittel in die Bauchfalte spritzen, das bewirkt, dass die Stammzellen aus meinen Knochen ins Blut geschwemmt werden“. Diese Selbstinjektion kann Nebenwirkungen auslösen. So hatte Michael Durach Kopf- und Rückenschmerzen sowie grippeähnliche Symptome. „Die Milz regiert außerdem sehr stark und vergrößert sich. Schweres Kraftsporttraining und Sportarten wie Fußball oder Handball sollte ich deswegen nicht machen. Natürlich macht man sich Gedanken was wäre, wenn etwas passiert. Aber ich wusste, ich bin in guten Händen und nicht der Erste, der das macht“, sagt Durach gelassen.
Knapp fünf Stunden lang hat seine Blutstammzellspende gedauert. Die Zeit hätte er sich mit Lesen, Musik hören oder Serien gucken vertreiben können. „Ich fand es aber viel interessanter, die Maschine zu beobachten, durch die die mehr als fünf Liter Blut, die sich in meinem Körper befinden, insgesamt 2,3 Mal durchgelaufen sind. Mehr als eine Dreiviertelmilliarde Stammzellen konnten daraus gewonnen werden, das war echt beeindruckend!“, so Durach. Bis auf leichte Schmerzen im Arm sei die Spende problemlos verlaufen. Für Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier ist es selbstverständlich, die Aktion zu unterstützen: „Das ist ein bemerkenswertes Engagement verbunden mit einer hohen sozialen Verantwortung unseres Kollegen. Ich hoffe, dass die Stammzellspende von Herrn Durach dazu führt, dass sich noch mehr Mitarbeitende der StädteRegion typisieren lassen und damit die lebensrettende Arbeit der DKMS unterstützen.“
Michael Durachs Stammzellen erhält eine Person aus den USA, das ist das Einzige, was er bislang weiß. Innerhalb einer zweijährigen Sperrfrist hat er nur die Möglichkeit, über die DKMS anonym zu der Person Kontakt aufzunehmen und zum Beispiel Briefe auszutauschen. Nach Ablauf der zwei Jahre darf man direkten Kontakt aufnehmen. „Ich hoffe, dass der Empfänger oder die Empfängerin durch meine Spende länger leben kann oder tatsächlich komplett geheilt wird. Im Zweifel ist das die einzige Möglichkeit, die die Person hat“, fasst Durach zusammen. „Ich glaube, dass sich die wenigsten Menschen Gedanken über eine Stammzellspende machen. Das ist ein Thema, das die meisten ähnlich wie wichtige Vorsorgeuntersuchungen von sich wegschieben. Dabei ist es so einfach, sich typisieren zu lassen. Der Wangenabstrich erfolgt über ein Wattestäbchen und tut nicht weh.“ Am Tag nach der Blutstammzellspende hat Michael Durach wieder gearbeitet. In Gedanken plant er schon eine Reise nach Amerika.
Allein dieses Jahr verliert die DKMS aus Altersgründen 135.000 Personen aus der Datei. Nachwuchs wird also jederzeit dringend gesucht. Weitere Informationen zur DKMS und zur Typisierung finden Sie hier: https://www.dkms.de/