Thomas Förster

Das Sozialkaufhaus muss schließen

Roetgen. Er ist eine wichtige Einrichtung - für Menschen, die sozial benachteiligt oder in Not sind; für solche, die im positiven Sinne alternativ denken und gebrauchte Dinge wiederverwenden möchten. Doch nach vielen Jahren, in denen der Alternativladen an der Bundesstraße nicht wegzudenken war, steht das ehrenamtlich geführte Kaufhaus vor dem Aus.

Anna-Maria Jansen, Vorstand und Mitarbeiterin in Personalunion, und ihre Mitstreiter schließen im kommenden Sommer nach vielen Jahren das als »Alternativladen« bekannt gewordene Roetgener Sozialkaufhaus an der Bundesstraße 77.

Anna-Maria Jansen, Vorstand und Mitarbeiterin in Personalunion, und ihre Mitstreiter schließen im kommenden Sommer nach vielen Jahren das als »Alternativladen« bekannt gewordene Roetgener Sozialkaufhaus an der Bundesstraße 77.

Bild: Thomas Förster

Roetgen (Fö). »Unsere Kunden sind traurig, hier vergießt mancher sogar ein paar Tränen«, bedauert Anna-Maria Jansen. »Und die vielen Begünstigten, die durch unseren Erlös Zuschüsse erhielten, werden den Entschluss erst noch negativ zu spüren bekommen.« Der Vorstand des Fördervereins Sozialkaufhaus Roetgen hat für das kommende Jahr seinen Rücktritt angekündigt. Die Mitglieder wurden bereits in den vergangenen Monaten über die Schwierigkeiten einer Weiterarbeit informiert und die Gruppe der etwa 15 Ehrenamtler ist sich darüber klar geworden, dass ein Ende des Alternativladens in Sicht ist. »Zunehmende Probleme unterschiedlicher Art zwingen leider dazu und der Abschied fällt den Mitarbeitenden schwer«, möchte die Vorstandsvorsitzende nicht zu sehr ins Detail gehen. Dennoch werde der Laden voraussichtlich im Sommer des kommenden Jahres geschlossen.

Zu den Kunden des Roetgener Alternativladens gehören in erster Linie Menschen, die nachweislich hilfebedürftig sind. »Aber hier kann jeder einkaufen«, unterstreicht Jansen. Der Laden ist bekannt für »Gutes Gebrauchtes« - es werden Kleidung für Groß und Klein, Hausrat, Spielsachen und Kleinmöbel angenommen und für kleines Geld abgegeben. »Mich nennen die Kollegen Frau Billig, weil ich die Ware möglichst günstig abgeben möchte, ehe sie lange bei uns lagert. Andere stellen der Wert der Ware in den Fokus«, erklärt Jansen. Das Roetgener Sozialkaufhaus lebt von Spenden der Bevölkerung und dem ehrenamtlichen Einsatz der Mitarbeiter. »Ich glaube, unser Verein gibt ein wunderbares Beispiel für die Wiederverwendung von Ressourcen«, sagt Anna-Maria Jansen, die in Lammersdorf lebt, sich aber schon viele Jahre in Roetgen engagiert. Doch es gibt auch kritische Töne: »Manchmal werden wir missverstanden und vor der Tür steht unverkäuflicher Schrott; das macht Arbeit, Ärger und kostet Geld.«

Die Visionäre, die nach einem evangelischen Kirchentag damals in einer Rotter Garage mit dem Verkauf von Kinderkleidung den Laden begründeten, später in die Brandstraße nach Roetgen wechselten und dann an der Bundesstraße 77 eine dauerhafte Bleibe fanden, ahnten sicher nicht, was für ein fruchtbares, langlebiges Pflänzchen sie da in die Erde gesteckt hatten. Spendenempfänger, zuletzt etwa die Aktion Medeor, oder Ärzte ohne Grenzen, deren so notwendige Hilfe überall dringend gefragt ist, wurden in keinem Jahr vergessen. Auch langfristige soziale Projekte, wie eine Obdachlosensiedlung in El Salvador leben von den Geldern.

Die scheidenden Vorstandsmitglieder, zum Teil seit Jahrzehnten im Dienst, und die treuen Mitarbeiterinnen appellieren an die Menschen, den geordneten Rückzug des Sozialkaufhauses, belebt durch viele Sonderverkäufe und Aktionen, wohlwollend zu begleiten, damit auch im kommenden Jahr noch eine gehaltvolle Ausschüttung von Geldern an die Projekte geschehen kann. Aktuell hat der Alternativladen dienstags und freitags von 9.30 bis 12 Uhr und von 15 bis 17.30 Uhr geöffnet. »Am 16. November bieten wir einen großen Weihnachtsverkauf im katholischen Pfarrheim in Roetgen an der Hauptstraße an; am 1. Februar kommen die Jecken beim Karnevalsverkauf im evangelischen Gemeindehaus an der Rosentalstraße auf ihre günstigen Kosten«, ist Jansen voller Vorfreude. Auch mit dem Sozialwerk Eifeler Christen in Imgenbroich oder der »Wabe« in Aachen und Stolberg stehe man in Kontakt, die die Spenden dann übernehmen und weiterkaufen werden, wenn das Roetgener Sozialkaufhaus seine Pforten schließt.

Danken möchten die Mitarbeiter und Mitglieder den vielen Kunden und Gönnern, die eine so wichtige Arbeit möglich gemacht haben, der evangelischen Kirche für ihre jahrelange Mietkostenhilfe und last, not least den großzügigen Sachspendern, ohne deren Input nichts nutzbringend hätte weitergegeben werden können.

www.alternativladen-roetgen.de 


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