80 Jahre Freiheit - das rockt
»Freiheit ist cool! Und wir zeigen mit einem Fest für die ganze Bevölkerung das es sich lohnt, für Freiheit und Demokratie einzustehen.« So wie Nils Mühlenberg sieht es die Gemeinde Roetgen, die Fraktionen und Ortsvereine, die gemeinschaftlich ein Gemeindefest auf die Beine gestellt haben. Am Samstag, 14. September, heißt es auf dem Wervicq-Platz: »Demokratie rockt! 80 Jahre Freiheit«
Roetgen (Fö). »Roetgen ist die Gemeinde, auf der die Amerikaner 1944 erstmals deutschen Boden betreten haben«, unterstreicht Klaus Onasch, SPD-Ratsherr im »Tor zur Eifel«. »Vor fünf Jahren haben wir daran mit vielen Gedenkfeiern erinnert - jetzt wollen wir ein Gemeindefest für unsere Bevölkerung anbieten.« Auf der Bühne am Wervicq-Platz erwartet die Besucher ab 15 Uhr ein buntes Musikprogramm. Die Grundschüler singen auf der Open-Air-Bühne, die Musikvereinigung Roetgen spielt ab 16.30 Uhr auf. Es folgt die »Somebody Wrong Bluesband« (18 Uhr) und ab 20 Uhr präsentieren sich erstmals »Let’s drive«, eine recht neue Band mit Musikern aus Roetgen und Umgebung. Sie haben Coversongs, aber auch Stücke aus eigener Feder aus den Musikrichtungen Blues und Rock im Gepäck.
Im Filmzelt werden die Zeitzeugeninterviews gezeigt, die die Filmwerkstatt Eifel zur 75-Jahr-Feier mit Menschen geführt hat, die die bewegte Zeit 1944 hautnah miterlebt haben. Es gibt eine Ausstellung des Heimat- und Geschichtsvereins, der die Demokratieentwicklung in Roetgen dokumentiert. Auch an die beeindruckenden Reden von vor fünf Jahren wird erinnert - die »Omas gegen Rechts Aachen« sind mit einem Infostand vor Ort. Auf die jungen Gäste warten Dosenwerfen, Torwandschießen, Hüpfburg oder Karussell - für das leibliche Wohl ist gesorgt.
Diese Veranstaltung ist einer von vielen Bausteinen des städteregionalen »Monats der Begegnung und Vielfalt«. In der Stadt Monschau wird an diesem Tag ab 11 Uhr ein »Fest der Vielfalt« gefeiert werden.
Bereits um 12 Uhr können Geschichtsinteressierte und Freunde der Freiheit zur Roetgen Therme kommen. 80 Jahre nach der Befreiung Roetgens als erste Gemeinde in Deutschland überhaupt, erhält die Gemeinde Roetgen im Gedenken an Pfarrer Korbinian Aigner und ihre frühe Befreiung von Hitlers Terrorregime den ersten Korbiniansapfelbaum in der Region. »Der Baum erinnert an Korbinian Aigner, einen Pfarrer, der im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war und dort heimlich begann, Apfelbäume zu züchten. Schon in den 1930er-Jahren entschloss Korbinian Aigner, sich dem faschistischen Regime zu widersetzen«, weiß Initiatorin Katharina Isabel Franke. Verraten wurde er schließlich im Winter 1939, als er auf die Frage eines Schülers, was er vom Attentat Johann Georg Elsers auf Hitler halte, antwortete: »Ich weiß nicht, ob es Sünde ist, was der Attentäter im Sinn hatte.« Heimlich ging Aigner im Konzentrationslager Dachau seinem Hobby, der Apfelzucht, nach und kreierte vier neue Äpfel, die er »KZ1«, »KZ2«, »KZ3« und »KZ4« nennt. Der Todesmarsch beginnt und Aigners Apfelbäume verlassen mit ihm das Konzentrationslager – wie das möglich war, ist bis heute nicht bekannt. Er entkommt dem Marsch, versteckt sich in einem Kloster am Starnberger See und pflanzt seine Bäumchen. Nur »KZ3« wächst zu einem prächtigen Baum heran und trägt seit einigen Jahrzehnten den Namen »Korbiniansapfelbaum«. Dieser wird nun auf dem Grünstreifen neben der »Roetgen Therme«, Postweg 8, gepflanzt - nur wenige Meter entfernt der deutsch-belgischen Grenze, die die Alliierten am 12. September 1944 überschritten.