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Claudia Neumann

Urbanes Sicherheitskonzept stößt bei vielen Trierer Unternehmen auf Skepsis

Trier. Industrie- Handelskammer (IHK) Trier hat innerstädtische Unternehmen aus Handel und Gastronomie befragt

In der Kritik steht unter anderem der Verlust an Parkplätzen wie hier an der Basilika, wo jetzt nur noch Anwohner ihr Auto abstellen dürfen.

In der Kritik steht unter anderem der Verlust an Parkplätzen wie hier an der Basilika, wo jetzt nur noch Anwohner ihr Auto abstellen dürfen.

Bild: Claudia Neumann

Die Industrie- Handelskammer (IHK) Trier hat die öffentlichen Diskussionen zum Urbanen Sicherheitskonzept der Stadt Trier zum Anlass genommen, die innerstädtischen Unternehmen aus Handel und Gastronomie direkt zu befragen. Rund 90 Unternehmen haben sich an der Online-Befragung der Kammer beteiligt. Sie konnten zu verschiedenen Aspekten des Konzepts und der verkehrlichen Erreichbarkeit ihre Meinung auf einer 6-Punkte Skala von "1 = sehr positiv" bis "6 = sehr negativ" äußern.

"Wir wollten uns mit der Umfrage ein fundierteres Meinungsbild zu diesem umstrittenen Thema verschaffen, als es Einzelrückmeldungen erlauben. Die Auffassungen der Umfrageteilnehmer sind geteilt. In Bezug auf die Attraktivität der Innenstadt insgesamt halten sich die Anteile von Befürwortern und Kritikern in etwa die Waage. Hinsichtlich der Betroffenheit für das eigene Geschäft äußern sich allerdings 70 Prozent von der Tendenz her skeptisch. Der Durchschnittswert beträgt hier 4,2", erläutert IHK-Chefvolkswirt Matthias Schmitt die Datenlage.

Kritik an Gebühren und Umwidmung von Parkplätzen

Was stört die Händler und Gastronomen ganz konkret am Konzept? Die hohen Gebühren für Ausnahmegenehmigungen landen auf dem schlechtesten Platz (Durchschnittswert 5,1), gefolgt von der Umwidmung von Kundenparkplätzen in Innenstadtnähe (4,8) und den Einschränkungen der Lieferzeiten (4,4). Die Installation des Pollersystems (3,5) und die Ausweitung des Fußgängerzonenbereichs (3,7) werden von vielen gelassener gesehen, aber auch hieran gibt es Kritik.

"Unsere Ergebnisse zeigen: Es gibt durchaus eine Reihe von Betrieben, die das Urbane Sicherheitskonzepts grundsätzlich befürworten, aber dieses wird handwerklich nicht gut umgesetzt. Dass die Stadt neben allen Einschränkungen dann auch noch bei den Gebühren zuschlägt, empört die Unternehmen. Gleiches gilt für den Verlust an Kundenparkplätzen, und auch bei den Lieferzeiten brauchen wir dringend flexiblere Regelungen", sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Glockauer.

Erreichbarkeit durch Lieferanten deutlich schlechter

Die eigene Erreichbarkeit durch Lieferanten vor Umsetzung des Konzepts schätzen weniger als 20 Prozent der Betriebe negativ ein (also Bewertungsstufen 4 bis 6; Durchschnittswert 2,4); nach Umsetzung kommen rund 75 Prozent zu einem negativen Urteil (Durchschnittswert 4,5).

"Könnten die Befragten selbst über das Konzept bestimmen, würden 19 Prozent es unverändert umsetzen, 52 Prozent möchten es mit Änderungen versehen, und 29 Prozent lehnen es rundweg ab", erläutert Matthias Schmitt die Stimmungslage.

Kunden mit Auto benachteiligt

Die IHK wollte zudem wissen, wie die Betriebe ihre aktuelle verkehrliche Erreichbarkeit durch die Kunden bewerten. Für Fußgänger und Fahrradfahrer werden wenig Hindernisse gesehen (Durchschnittswerte 2,4 bzw. 2,2). Der ÖPNV kommt mit 2,9 ebenfalls auf einen positiven Gesamtwert, während die Erreichbarkeit für auswärtige Kunden mit dem Auto mit 4,5 weit im negativen Bereich landet; drei Viertel der Befragten vergeben die Bewertungen 4 bis 6.

"Wenn wir unsere Innenstadt stärken wollen, müssen wir weg von einer Verkehrspolitik, die den Pkw zunehmend diskriminiert, indem Parkgebühren erhöht, Kundenparkplätze gestrichen und Erschwernisse bei der Verkehrsführung eingeführt werden. Man darf sich nicht wundern, wenn dann in der City die Umsätze fehlen", meint Jan Glockauer.

Zitate aus der Umfrage

Bei der Antwortmöglichkeit "Das Konzept mit folgenden Änderungen umsetzen" kamen u.a. folgende Aussagen/Forderungen (anonym):

  • "Die Einfahrt für Anwohner in Außenbereiche der Fußgängerzone(nicht Kernzone) sollte auch abends und nachts möglich sein."
  • "Keine Beschränkung der Autokennzeichen, Anzahl oder Parkdauer, da Besitzer ihr Eigentum selbst verwalten."
  • "Anwohnerparken auf dem bisherigen Busparkplatz bei den Kaiserthermen ermöglichen."
  • "Lieferzeit zusätzlich Abends von 19 bis 21 Uhr. Mehr Park and ride oder günstigere Parkgebühren."
  • "Es muss den Menschen einfach gemacht werden, in die Stadt zu kommen!"
  • "Keine Sperrung der Germanstraße als Fußgängerzone mehr (zum Be- und Entladen nutzbar machen)."
  • "Mehr Parkplätze im unmittelbaren Bereich vor dem Abgang der Innenstadt schaffen."
  • "Die Regelung ist sehr kompliziert für Lieferanten. Diese verweigern teilweise eine An- und Abfahrt."
  • "Es gibt einige Kunden, die nicht gerne in ein Parkhaus fahren. Bekommen diese keinen Außenparkplatz, verlassen sie die Stadt wieder."
  • "Nicht akzeptabel sind die hohen Gebühren für Ausnahmegenehmigungen angesichts der bereits hohen Abgaben, die an die Stadt in Form von Grundsteuer, Gewerbesteuer etc. zu entrichten sind."
  • "Gewerbetreibende und deren Lieferanten und Dienstleister wie Reinigungsfirmen müssen ein längeres Zeitfenster für Anfahrt, Aus- und Beladen erhalten."

Unter "weitere Anmerkungen/Anliegen" gab es u.a. folgende Einträge:

  • "Betriebe in der Innenstadt öffnen erst um 10 Uhr. Die Lieferanten müssen aber viel früher kommen, um ihre Touren bis 11 Uhr zu schaffen. Den Betrieben entstehen für die Warenannahme viel höhere Personalkosten. Notdienste zum Beispiel für Aufzüge, Wasser, Gas und Lüftung kommen nicht mehr, weil die Zeit für Reparaturen nicht ausreicht."
  • "Wir haben Parkplätze für unsere Kunden angemietet und können diese außerhalb der Lieferzeiten nicht nutzen."
  • "Ohne ein funktionierendes ÖPNV System schadet die Reduzierung von Parkplätzen (vor allem für auswärtige Gäste) allen Händlern und Gastronomen im Innenstadtbereich."

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